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Klaus Schorn

Klaus Schorn

1934-2023
Ehrenpräsident des TuSEM Essen

62 (!) Jahre prägte Klaus Schorn – alias „Mister TuSEM“ Essen – als Jugendwart, Abteilungsleiter und Geschäftsführer die Geschicke und Geschichte der vereinseigenen Handballer, die sich unter seiner Ägide Meisterschaft, Pokal und Europacup je dreimal erspielten.

Kurzbiografie

  • Geboren 1934 in Essen
  • 1946 Eintritt in den TuSEM
  • 1950-1983 Amt des Handball-Jugendwarts und Vereinsjugendwarts
  • 1973-1977 Vizepräsident des TuSEM
  • 1977-2010 Vorsitzender der Handballabteilung
  • 1979 Aufstieg in die 1. Handball-Bundesliga
  • Vorstandsvorsitzender und Direktor der Essener EDEKA-Lebensmittelhandelsgruppe
  • 2000-2005 Geschäftsführer der TuSEM Essen Handball GmbH
  • 2005 Lizenzentzug, Insolvenzverfahren und Strafversetzung in die 3. Liga
  • 2023 Klaus Schorn stirbt im Alter von 88 Jahren 

Klaus Schorn über …

… Steine klopfen für Trikots

„Trainer und Übungsleiter, die gab es natürlich im Verein, aber nicht in großer Anzahl. Weil viele der Sportler und Persönlichkeiten, die dafür infrage kamen, noch im Krieg oder in Gefangenschaft waren. Sodass man im Grunde genommen selbst auf sich angewiesen war und die Jugend sich eben möglichst selbst helfen musste.
Hinsichtlich der Sportkleidung musste man sich ebenfalls selbst helfen. Ich war in der Schule der Schulsprecher. Und insbesondere, wenn es um sportliche Belange ging, habe ich die Schulmannschaft, soweit es ging, auch gefördert. Dem Lehrer und Pädagogen, der auch Handballer war, habe ich dann gesagt, dass wir Trikots und Geld haben müssen. Dann haben wir Steine geklopft, also von den Zementschichten befreit und haben für den Stein dann fünf oder sechs Pfennige bekommen. Und haben aus US-Waren, die es damals gab, dann einen Satz Trikots erstanden. Der ganze Satz kostete dann 34 Mark. Zehn Mark hat dann der Verein dazugetan und fünf Mark die Schule, soweit ich weiß. Und dann hatten wir einen neuen Satz Trikots. Nun haben wir als Schulmannschaft angefangen, Leistungssport in der Schule zu machen mit dem Handball. Diese Schulmannschaft war nachher beim TuSEM der Grundstock, dass wir nachher von einer D-Jungen in die die C- Jugend, dann in die A-Jugend bis nachher zur Bundesliga aufsteigen konnten.“

… seine Reise zu den Olympischen Spielen 1952

„Das Erlebnis ist bis zum heutigen Tag unglaublich. Jedes Mal, wenn ich heute Urlaub in Travemünde mache, dann trinke ich eine Tasse Kaffee in einem Café direkt an dem kleinen Hafen, wo das Schiff ‚Zeus II‘ festgemacht hatte und wo wir im Juli/August 1952 abgefahren sind.
Wieso ich nach Helsinki gekommen bin, weiß ich selbst nicht, weil es sicherlich ein Schicksal des Glücks im Sport war. Wer immer auf mich aufmerksam gemacht hat, der Jugendwart hieß Stockschläge, das weiß ich noch, der sogenannte Führer unserer Truppe, hieß Kramer, der war unser Fußballlehrer. Er war unvergessen, mit ihm haben wir zusammen im Zeltlager in Helsinki geschlafen. Für mich als junger Bursche war die Reise unfassbar. Die Nachricht, nach Helsinki fahren zu dürfen, war schon eine große Sache. Dann musste ich entsprechende Unterlagen wie Freischwimmer, Zeugnis und so etwas mitnehmen. Aber natürlich galt es in erster Linie die Vereinsarbeit und die Verbandsarbeit zu würdigen. Und da ich ja schon mit 16/17/18 Jahren als Jugendwart des Vereins TuSEM bereits bei den Handballbörsen, wo die Spiele festgemacht wurden, eine bekannte Größe war, hatte sich sicherlich im ganzen Verband herumgesprochen, wer der TuSEM ist. Und wir waren ja auch Jugendmeister. Ich hatte ja erzählt, dass ich bei TuSEM 30-40 Kreismeisterschaften und Bezirksmeisterschaften errungen habe. Durch diese Leistung ist man im Verband sicherlich auf mich aufmerksam geworden. So kam ich in einen Lostopf und durfte Losen. Und da war ich dann einer von den drei westdeutschen Handballern, die eine Reise nach Helsinki bekamen. Es war toll.
Die Gruppe waren insgesamt 40-50 Mann, aber aus den unterschiedlichsten Sportverbänden. Es gab Boxer und deutsche Meister, in erster Linie war das leistungsorientiert. Ich war weniger leistungsorientiert, sondern wegen meiner Verdienste als junger Junge dort. Mehr kann ich schon gar nicht sagen, weil Mann wäre ja übertrieben. Organisiert wurde die Reise von der Deutschen Olympischen Gesellschaft.“

… Freundschaften und Kontakte im Essener Sport

„Im zivilen Leben sind das alles Freunde und Duzfreunde. Ob das Rot-Weiß Essen, der ETuF oder sonst was ist. Das sind alles Leute, mit denen man ehrlich befreundet ist, ob das jetzt beim ETuF Dr. Claus Stauder ist, das sind Duzfreunde. Und so ist das mit Rot-Weiß Essen und Schwarz-Weiß Essen bis auf den heutigen Tag auch.
Also wenn ich an die nahe liegenden Jahre zurückdenke, dann waren es ehrliche und ehrlich gewachsene Freundschaften, die über gemeinsame Interessen hinausgingen. Mann war miteinander verbunden, man hat großen und regen Anteil am sportlichen Leben der anderen Vereine genommen und auch Freundschaften gepflegt, weil es sich um Persönlichkeiten handelte, die ganze ehrenamtlich tätig waren. Den davon lebt ja der Sport, dass er zum jetzigen Zeitpunkt zum Teil noch eine Generation hat, die sich ehrenamtlich für ihn einsetzt.

Zum Stadtsportbund hatte ich sehr viel Kontakt. Denn der Sport muss ja zusammenhalten. Essen hat immer großen Wert daraufgelegt, dass im Essener Sportbund die Kräfte gebündelt werden. Egal, ob das Christian Hülsmann oder Ulrich Gaißmayer waren. Gaißmayer war ja auch noch Vorsitzender bei TuSEM. Hülsmann wurde später Stadtdirektor. Das sind alles Leute, die auch noch dem TuSEM angehörten. Sodass es sich automatisch ergab, dass man gleiche Interessen wahrnahm und auch dafür kämpfte.
Der Stadtsportbund ist ja eine Anlaufstelle und eine Heimat für alle Sportarten. Er hat jetzt in Essen eine tolle Lösung unter Dr. Görgens gefunden, wo dann eine Schule ganz umgebaut wurde, um den Bedürfnissen der Vereine zu entsprechen. Wo jeder Verein sein Büro hat und seine Geschäftsstelle haben kann, damit er hautnah an den politischen Vertretern, die der Sport ja doch entsendet, seine Sorgen loswerden kann.“

… Professionalisierung und Leistungsentschädigung

„Soweit ich es konnte, habe ich mich sicherlich immer darum bemüht, dass die Spieler auch einen Beruf hatten. Denn vor einigen Tagen hatte ich noch Jochen Fraatz am Telefon. Er hat mir gesagt: ‚Was für ein Glück, dass du mich solange getreten hast, einen Beruf zu ergreifen, der es mir jetzt ermöglicht, trotz meiner Erkrankung ein vernünftiges Leben zu leben.‘
Ich habe mich immer dafür eingesetzt, dass jeder Spieler einen Beruf hat. Und wenn er dann nachher nicht mehr Handball spielt oder spielen kann, aus welchen Gründen auch immer, ob die gesundheitlich oder leistungsmäßig sind, dann einen Übergang zu einem guten Beruf hat.
Sie können von einem jungen Mann nicht erwarten, dass er sein Studium zurückgibt oder aufgibt oder zurückstellt und auch private Dinge wie die Familiengründung zurückstellt, nur des Handballs wegen und er bekommt gar nichts dafür. Und wenn ein Verein durch die Leistung des Sportlers auch zu Geld kommt, zu Ansehen kommt, wo er sich auch wirtschaftlich auf gute Beine stellen kann. Dann gehören dem Sportler sicherlich auch nicht nur ein Dank und ein Blumenstrauß, sondern auch etwas finanzielle Entschädigung dafür.

Von der ersten Bundesligamannschaft waren das zu 80% TuSEM-Eigengewächse. Wir sind mit 80 Prozent eigenem Nachwuchs aufgestiegen.
Der Rest kam aus der Nachbarschaft einerseits und zum anderen nachher aus anderen Landesteilen. Wir hatten Peter Quarti oder Michael Gegg, das war einer der talentiertesten Spieler, die der Handball gehabt hatte. Er ist nur leider verunglückt. Er war vor acht Tagen noch in Essen und dann gehört es sich, dass die Spieler dann vorbeikommen und wir uns zusammensetzen und Erinnerungen oder Geschenke austauschen. Alle sagen immer wieder: ‚Was ist das gut, dass es sie beim TuSEM eine Heimat gefunden habe und auch einen Beruf erlernt haben.“

… Meisterfeiern und finanzielle Schwierigkeiten

„Im Sport gehören ja Sieg und Niederlage zusammen. Wir haben auch einige bittere Niederlagen gehabt im Pokalendspiel und auch im Endspiel um die deutsche Meisterschaft. Aber ich würde sagen, dass wir bei der ersten deutschen Meisterschaft eine große Fete hatten. Da haben wir 6000 Zuschauer auf dem Marktplatz Margarethenhöhe gehabt, der Rot und Weiß geschmückt war. Wir haben mit der Genehmigung der Feuerwehr und der Polizei ein Feuerwerk in der Siedlung abgebrannt. Das war schon eine tolle Sache und haben auch alle Meisterschaften danach in dieser oder ähnlicher Form fröhlich gefeiert. Wir haben immer die Zuschauer miteingebunden, weil sie ja ganz ein wesentlicher und stabiler Garant unseres wirtschaftlichen Fundaments waren.
Da wiederhole ich mich bei aller gebotenen Bescheidenheit. Wir haben dafür gesorgt oder das Fundament dafür geschaffen, dass der TuSEM beliebt wurde und weiterhin bis auf den heutigen Tag im Handball beliebt ist. Eben weil wir ganz einfach bodenständig geblieben sind. Wir haben sicherlich eine Phase erlebt, die wirtschaftlich einen Niedergang eingeleitet hat, der aber nicht durch unsere eigenen Ausgaben, sondern durch den Ausfall eines Sponsoren zustande kam. Das hat uns sicherlich geschadet. Aber die Sympathien, wie wir das gemacht haben, weil wir gerade immer volkstümlich waren, weil wir einem Verein bei aller gebotenen Bescheidenheit Format verleihen haben, haben wir einen gewissen Beliebtheitsgrad und den versuchen wir auch heute noch aufrechtzuerhalten.

Wir haben nie eine Frauen-Mannschaft gehabt. Das lag in erster Linie an mir selbst und meiner Auffassung, weil ich gesagt habe, wir haben keinen Platz, wir haben keine Hallen, wir haben keine Möglichkeiten. Lasst uns diese Aufgabe von einem anderen Verein wahrnehmen, die das Interesse auch wahrnehmen. Und da in Essen Frauen in einem vorgelagerten Ort eine Heimat gefunden hatte, haben die Mädels dann sich in eine andere Richtung verlagert. Und wir sind, wie man so sagt, bei den Männern geblieben.“

Der TuSEM Essen in der Nachkriegszeit

Vorreiterrolle in der Banden- und Trikotwerbung

Beruf und Ehrenamt

Betrügerischer Scheinsponsor der Saison 2004/05


Hier finden Sie in Kürze das vollständige Interview im PDF-Format: