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Carsten Fischer

*1961
Hockey-Olympiasieger

Kaum jemand kann die Entwicklung des HTC Uhlenhorst und des deutschen Hockeysports so gut einschätzen wie Carsten Fischer. Der promovierte Mediziner war lange Zeit Rekordnationalspieler und führte den HTC Uhlenhorst mit einer beeindruckenden Siegesserie bis ins Guinness-Buch der Rekorde.

Kurzbiografie

  • 1961 Geburt in Duisburg
  • Seit 1975 Zugehörigkeit zu den Nationalkadern des Deutschen Hockey Bundes, 259 Länderspiele für die BRD
  • 1980 Abitur am Steinbart Gymnasium Duisburg
  • 1980-1981 Grundausbildung plus 12 Monate Wehrdienst mit Zugehörigkeit zur Sportfördergruppe der Bundeswehr in Köln Porz-Wahn
  • 1982 Europameister Hallenhockey
  • Ab WS 1982/83 Medizinstudium an Heinrich-Heine Uni Düsseldorf
  • 1983 Weltmeister Hallenhockey
  • 1984 – 1992 viermalige Teilnahme an Olympischen Spielen, Silber 1984 und 1988 , Gold 1992, vierter Platz 1996
  • 1985-1996 In diesem Zeitraum gewinnt der HTC Uhlenhorst neun deutsche Meistertitel
  • 1986 1. Staatsexamen
  • 1988 2. Staatsexamen
  • 1988-1996 Der HTC Uhlenhorst gewinnt neunmal in Folge den Europapokal der Landesmeister
  • 1989 3. Staatsexamen
  • 1990-1991 Arzt im Praktikum
  • 1991- 1993 Assistenzarzt (Abteilung Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie) am Evang. Krankenhaus Mülheim (Ruhr)
  • 1991 Europameister Feldhockey
  • Ab 1998 Oberarzt der Klinik f. Orthopädie und Rheumatologie und Handchirugie am St. Marienhospital Oberhausen
  • 2006 Wechsel als Oberarzt in die Unfallchirurgie und Orthopädie des Evang. Krankenhauses Mülheim (Ruhr)
  • 2010 Erlangung des Doktortitels für Medizin an der Universität Hamburg
  • 2011-2016 Oberarzt an der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie St. Elisabeth-Krankenhaus Dorsten
  • Ab 2016 Oberarzt Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sporttraumatologie am St. Elisabeth-Krankenhaus Dorsten

Carsten Fischer über …

… den Werdegang vom Vereinsspieler zur Nationalmannschaft

„Wir hatten zwei Vereine in Mülheim, den Kahlenberg und den Uhlenhorst. Das war natürlich schon mal eine Ortsrivalität, die musste in jedem Spiel bestätigt werden. Und wir hatten den Club Raffelberg in Duisburg, da waren sehr viele im Alter von 16 bis 20, sehr gute, später auch Nationalspieler und sehr gute Jugendliche, die man dann in den Jahrgängen, die man miterlebt hat, immer wieder traf in den Mannschaften. Und die Bezirksmeisterschaft war so die erste Meisterschaft, die wir da im Umfeld Mülheim-Duisburg-Essen gespielt haben, und da ging es dann schon zur Sache. Also da wurde mit Ehrgeiz gespielt, da gab es auch blaue Flecken, und der Ehrgeiz war schon sehr groß. Nicht so, dass man sich verletzte, aber man war doch froh, wenn man da mal Bezirksmeister war. Das war schon eine hohe Auszeichnung als sechs-, sieben-, achtjähriger Junge.
Im Fernsehen gab es eigentlich nur 1972, als die Deutschen Olympiasieger wurden. Viele meiner Freunde sind damals mit der Schule oder mit Teilen des Vereins nach München gefahren, die dann auch als Nationalspieler einen Lehrgang dort hatten und das Spiel live erleben durften. Wir konnten es nur in Ausschnitten sehen, in der ARD oder im ZDF, wo man dann meist nur das schöne Tor von dem Krause sah. Und das hat mich irgendwie auch angemacht, dass er die Ecke reingeschossen hat. Vielleicht war das so ein Anstoß, dass ich später auch Eckenschütze geworden bin. Ich weiß nicht, vielleicht war das so im Hinterkopf, keine Ahnung. Ansonsten hatten wir die Zeitung. Und wir hatten Bundesliga-Mannschaften, Damen und Herren, das heißt, Samstag und Sonntag waren wir zwei Tage rund um die Uhr am Hockeyplatz und haben zugeguckt. Dann hatten wir als Kinder Tennis-Medenspiele, da waren auch Wettkämpfe mit verschiedenen Vereinen. Wir hatten also immer irgendwie Bezug zu Wettkämpfen – dass einer Sieger ist, der andere Verlierer, oder dass man sich auch mal unentschieden trennte. Das war jedes Wochenende ein tolles Erlebnis.
Dann ging das ja über den Bezirk hinaus in den Westdeutschen Hockeyverband. Und da kam der Bundestrainer und guckte sich die besten Spieler auf den sogenannten Silberschild-Lehrgängen an. Daraus bildete er dann die erste Nationalmannschaft mit 14. Da wurde ich dann berufen, mit einigen anderen auch hier aus dem Raum. Das war immer eine tolle Geschichte, sehr häufig auch in Duisburg-Wedau, da war so ein Leistungszentrum. Und alle aus unserem Raum, die waren dann meist in Duisburg oder in Köln, da war ja auch ein Leistungszentrum. Das wechselte am Anfang immer ein bisschen. Und dann ging es von 14 zu 16, zu 18, dann in den C-Kader. Mit 18 bis 21 war man dann natürlich schon mit vielen Länderspielen gespickt, und da wurde man dann auch Weltmeister und Europameister. Das sind natürlich Erlebnisse, die man als junger Mensch vielleicht noch intensiver wahrnimmt, weil es das erste ist, was man als Erfolg für sich verbucht. Und da waren natürlich tolle Reisen – als Kind oder Jugendlicher sowieso eine ganz andere Welt kennenzulernen, andere Länder kennenzulernen, ob es jetzt Frankreich war oder Polen oder Russland. Das waren schon tolle Reisen, und eben immer im Verbund mit seiner Truppe. Die meisten kannte man ja aus den deutschen Meisterschaftsspielen oder Endrunden, man kannte sich alle, und es war immer total nett und schön.“

… den Glücksfall der Sportfördergruppe

„Die Bundeswehr war damals ja noch Pflicht, und die Sportfördergruppe war für mich ein echter Glücksfall. Erstens wegen der Trainingsmöglichkeiten, zweitens wegen der Regenerationsmöglichkeiten, drittens, weil man die Möglichkeit hatte, zum Training zur Clubmannschaft nach Hause zu fahren. Und nur unter Sportlern zu sein bedeutete auch: ‚Komm, wir machen heute Morgen mal ein Läufchen.‘ Dann ist man zusammen in den Wald gegangen und hat mit acht verschiedenen Sportarten und zehn verschiedenen Typen einen Waldlauf gemacht, was natürlich auch förderlich für die allgemeine Fitness war. Abends ist man dann auch mal nach Köln in die Innenstadt gegangen und da ein bisschen länger versackt. Das gehörte einfach dazu, das hat einen geprägt, und wir haben sehr viel Spaß gehabt. Ich hatte viele Freunde dort, die später in der Bundesliga auch gegen mich gespielt haben, alles Nationalspieler. So konnten wir dort sehr effektiv auch für die Nationalmannschaft trainieren.
Ich habe, wie gesagt, drei Monate Grundausbildung in der Eifel in Cochem gemacht, und das war schon verdammt hart. Es war Hochsommer, wirklich heiß, damals noch so richtig mit 30 Grad. Wenn man dann durch trockene Wiesen und Felder kriechen musste, mit voller Montur, und einem der ganze Staub und die Mücken unter das Hemd rieselten, war das nicht gerade angenehm. Aber letztendlich hat es trotzdem Spaß gemacht, weil man viele nette Menschen kennengelernt hat. Die Zeit will ich nicht missen. Ich kann jedem nur empfehlen: Die Grundausbildung bei der Bundeswehr kann richtig Spaß machen, wenn man einen guten Ausbilder hat und nicht so einen, der einen nur mürbe machen will. Nach drei Monaten dann in die Sportfördergruppe nach Köln-Porz zu wechseln, war eine deutliche Erleichterung und eine ganz entspannte Situation.“

… den Serienmeister HTC Uhlenhorst

„Wir hatten damals eine Mannschaft, sowohl in der Nationalmannschaft als auch im Klub, in der fünf, sechs Spieler im A-Kader standen. Dahinter kamen weitere sechs, die im C-Kader spielten. In Mülheim stand also eine unglaubliche Qualität auf dem Platz, und selbst die, die nicht in der Nationalmannschaft waren, hätten eigentlich hineingehört. Aber so viele konnten sie natürlich nicht aus einem Klub nehmen. Das war eine wahnsinnige Bündelung an Qualität, die wir beim Uhlenhorst hatten. Wir sind nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa neunmal hintereinander Europacupsieger geworden, das steht im Guinnessbuch der Rekorde. Ich glaube, das wird so schnell keiner mehr schaffen. Wir waren damals immens stark, obwohl Mannschaften wie Terrassa aus Spanien oder Bloemendaal aus Holland ebenfalls großartige Spieler und viele Nationalspieler hatten. Aber unsere Mannschaft war einfach außergewöhnlich – wahnsinnig gut eingespielt, mit einer super Kameradschaft. Natürlich gab es auch Reibereien, aber wenn wir auf dem Platz standen, haben wir immer an einem Strang gezogen, und das hat uns ausgezeichnet.
Es ist nicht leicht, so viele starke Köpfe in einer Mannschaft zusammenzuführen. Aber wir hatten zwei großartige Trainer, die genau wussten, dass sie uns nicht mehr beibringen mussten, wie man eine Vor- oder Rückhand spielt. Sie mussten uns nur zusammenführen, motivieren und den Spaß im Training fördern. Sie haben Wettkämpfe ins Training eingebaut – Mannschaft A gegen Mannschaft B, und wer gewinnt, kriegt ein Weißbier. Das war unser Ansporn: der Verlierer musste dem anderen ein Bier ausgeben. Solche Kleinigkeiten haben uns zu einem so starken Team gemacht, denn unser Training war auf höchstem Niveau. Jeder hatte im Training seinen besten Gegenspieler – Stürmer wie Andreas Becker oder Sven Meinhardt spielten gegen Verteidiger wie mich oder Jan Peter Tewes. Das war für beide Seiten perfektes Training, und so konnten sich die Besten immer weiterentwickeln.
Das waren alles Uhlenhorster. Vielleicht kamen zwei oder drei von außerhalb dazu, aber im Grunde waren das alles Jungs aus dem eigenen Verein. Die kannten sich seit der Jugend, hatten zusammen gespielt, sind gemeinsam groß geworden. Uhlenhorst Mülheim war und ist einer der Vereine mit der besten Jugendarbeit. Wir haben unzählige deutsche Meistertitel im Jugendbereich geholt, und daraus konnte man jedes Jahr vier bis sechs Spieler in die erste Herrenmannschaft hochziehen. Vielleicht sind ein oder zwei dann wieder in der zweiten Mannschaft gelandet, aber vier blieben und wurden integriert. So hatten wir nie einen Einbruch oder Engpass. Wir mussten keine Spieler zukaufen, wie es im Fußball oft der Fall ist. Wir hatten immer genug eigenes Potenzial aus der Jugend.“

… Athletik, Ernährung und Fairness

„Hockey als Sportart hat sich auch entwickelt. Als wir 1981 bei der WM gespielt haben, da war noch Naturrasen. Ich glaube, Uhlenhorst war 1984 einer der ersten oder der zweite Verein, bei dem Kunstrasen in Deutschland verlegt wurde. Und das Spiel war generell deutlich schneller als in den Jahren davor, weil der Ball viel schneller unterwegs war und man das Training entsprechend angezogen und speziell auf die höhere Ballgeschwindigkeit ausgerichtet hat.

Das ganze Spiel — mit und ohne Ball — wurde viel schneller, was natürlich konditionell deutlich mehr beanspruchte. Auch die Krafteinheiten, die man brauchte, um schneller zu laufen, wurden erhöht. So hat sich das Ganze natürlich auch im Trainingsbereich verändert. Man legte viel mehr Wert auf Athletik und nicht nur auf Ball- und Stocktraining, und dadurch wurde das Spiel insgesamt athletischer.

Die Ernährung änderte sich ab etwa 1984/85. Man versuchte, mehr auf die Zusammensetzung der Nahrung zu achten — früher vielleicht Müsli mit Obst und Quark, später mehr Nudeln vor Wettkämpfen und so weiter. Gerade in der Nationalmannschaft wurde von der medizinischen Seite darauf geachtet, die Ernährung dem Leistungsanspruch und dem Trainingsprogramm anzupassen. Ich selbst kann nicht sagen, dass ich bei mir einen direkten Unterschied gespürt hätte, wenn ich dies oder das gegessen habe; ich habe mein Essen relativ wenig umgestellt. Ich muss auch sagen: Ich habe gerne Pommes mit Mayo gegessen, was natürlich nicht besonders förderlich war. Aber ich habe gedacht: Nach einem Bundesligaspiel kannst du dir ruhig mal einen Teller Pommes mit Mayo gönnen — das ist bis zum nächsten Training wieder egal. Heutzutage würde das kaum noch jemand so machen; inzwischen ist die Ernährungsplanung sehr viel ausgeklügelter und zielgerichteter.

Als Mannschaftssportart hatten wir praktisch keinen Bezug zu Dopingmitteln. Für uns kam das überhaupt nicht in Frage. Meines Wissens gab es im deutschen Hockey nur einen Fall, von dem man meinte, jemand habe gedopt — das war eher so eine Nummer, die man aus Blödsinn gemacht hat, und das fiel dann sofort auf. Es lohnt sich ja auch kaum, eine ganze Mannschaft zu dopen: Es werden immer Spieler getestet, und auf die Wette zu setzen, ob nun Spieler sieben oder Spieler siebzehn kontrolliert wird, wäre zu riskant. Insofern gab es das bei uns nicht — und sehr wahrscheinlich wird es das auch nicht geben, es sei denn, es tauchen irgendwann Mittel auf, wie man sie aus dem Radsport kennt, die schwer nachweisbar sind.“

… seinen Weg zwischen Leistungssport und Medizin

„Ich hatte als junger Mensch folgende Absicht: Entweder wirst du Physiotherapeut – durch die Verbindung zu den Physiotherapeuten, die uns damals betreut haben – oder du wirst Orthopäde. Irgendwas mit Sport wolltest du auf jeden Fall machen. Da sind nette Menschen, sportliche Menschen, und du bist selbst sportlich – das war mein Wunsch. Als ich dann das Medizinstudium abgeschlossen hatte und über Beziehungen in Duisburg und Mülheim Arbeitsstellen gefunden habe, zunächst in der Unfallchirurgie und später in der Orthopädie, war für mich klar: Du willst Orthopäde und Unfallchirurg werden. Unfallchirurg am Anfang eher weniger, das kam erst nach meinem Facharzt. Den habe ich 1996 gemacht, und 1997 wurde ich Oberarzt. Damals gab es die Unfallchirurgie in unserem Fachbereich zum Glück noch nicht; das wurde erst später zusammengelegt.
In der Unfallchirurgie musst du Knochen zusammenschrauben und nageln, und das auch nachts, wenn ein Unfall reinkommt. So war das am Anfang. Später hat man das zum Glück etwas reduziert, und viele Dinge konnte man dann am nächsten Tag versorgen. Nur bei speziellen Fällen, etwa bei offenen Brüchen oder Verletzungen der Nerven, musste man nachts ran. Das hätte für mich auf Dauer eine Belastung bedeutet – hätte ich regelmäßig nachts arbeiten müssen, hätte ich wohl früher mit dem Hockeysport aufhören müssen. So aber ließ sich das noch mit der Nationalmannschaft vereinbaren.

1992 habe ich nach den Olympischen Spielen international erstmal aufgehört und gesagt: ‚Ich spiele nur noch Bundesliga. Die Goldmedaille – mehr kann ich nicht erreichen.‘ Das war mein Abschied von der internationalen Bühne. 1995 oder 1996 hat mich der Bundestrainer dann noch einmal angesprochen, weil ich national immer noch einer der stärksten Innenverteidiger war. In dieser Zeit kam es auch zu meinem ersten Vereinswechsel: In der Wintersaison bin ich für sechs Spiele nach Eindhoven gegangen. Die Holländer spielen auch im Winter draußen, und so konnte ich weiter Feldhockey trainieren. Hallenhockey wollte ich da schon nicht mehr spielen, das war in meinem Alter einfach zu viel. Ich habe, glaube ich, sechs oder sieben Spiele dort gemacht. Es war zwar viel Fahrerei, aber ich war zwei- bis dreimal die Woche beim Training und hatte am Wochenende Spiele – so konnte ich noch einmal Spielerfahrung für die Olympischen Spiele sammeln.
1996 war dann das einzige Turnier, das ohne Medaille blieb. Wir wurden Vierter nach einem unglücklichen Spiel um Bronze. Ich hätte die Bronzemedaille gerne noch gehabt, aber gut, es hat nicht sollen sein. Im Nachhinein war das gar nicht so schlimm. Wenn du als Vierter da stehst und die ersten drei oben siehst, kannst du auch sagen: Das alles hast du schon hinter dir, das hast du schon erreicht. Das ist doch eine riesige Leistung. So gesehen war der vierte Platz am Ende gar nicht enttäuschend, sondern eher erhellend – ein Moment, um zu erkennen, was man in seiner Laufbahn alles geschafft hat.“

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