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Dagmar Berg

Dagmar Berg

*1938
Vorreiterin des leistungsorientierten Volleyballsportes in Schwerte und Nordrhein-Westfalen

Dagmar Berg gründete in den 1960er-Jahren aus einer Schul-AG eine Volleyball-Trainingsgruppe. Daraus entstand der mehrmalige bundesdeutsche Meister 1.VC Schwerte. Dagmar Berg blickt als Trainerin auf 27 Bundestitel bei “Jugend trainiert für Olympia”.

Kurzbiografie

  • Geboren 1938 in Berlin (als Dagmar Katerbau)
  • 1959 Teilnahme an der Tischtennis WM in Dortmund
  • 1961-1962 Abschluss Diplom-Sportlehrerin (Deutsche Sporthochschule Köln)
  • Ab 1965 Lehrerin am Ruhrtal-Gymnasium in Schwerte
  • 1968-1990 Trainingsleiterin Volleyball
  • 1985 “Schwerter Modell” – 1. VC Schwerte als Teil des “Landesprogrammes Talentsuche und Talentförderung”
  • 1999-2009 Mitglied im Rat der Stadt Schwerte

Dagmar Berg über …

… die Flucht aus Berlin und ihre Anfänge im Tischtennis

1945 sind die Russen gekommen. Mein Vater war Pathologe in Berlin am Krankenhaus und hat sehr früh gewusst, wann die Russen da sein werden. Und er hat gesagt: ‚Dann geht es uns nicht gut.‘ Wir sind dann alle bei Nacht und Nebel auf einem Lastwagen über Hannover nach Oberscheden, einem kleinen Dorf zwischen Hannoversch Münden und Göttingen. Dort war noch eine Zuckerfabrik von meinem Opa. Und dort sind wir dann hin geflüchtet. Es hat gar nicht lange gedauert, dann war ich im TuS Schededörfer 04. Ich weiß nicht, wie alt ich war, aber es muss so sieben-, achtjährig gewesen sein. Und was hat man beim TuS Schededörfer 04 früher gemacht? Laufen, Springen, Werfen und etwas später dann Handball spielen. Mein Bruder hatte einen guten Freund, der spielte gerne Tischtennis, das wurde in dem Ort in einer Gaststätte betrieben. Oben auf der Bühne stand eine Platte. Dann habe ich so lange Papa und Mama gedrängelt, dass wir in der Fabrik eine Platte bekamen, in einem Raum, der nicht gebraucht wurde. Und ich habe meinen Bruder und den Freund genervt bis zum Gehtnichtmehr. Das ging los mit: ‚Ich gebe Dir von den 21 Punkten 20 vor. So konnte ich nicht gewinnen. Aber das ging dann langsam runter und landete dann bei so 15, 16 Punkten. Dann ging es immer weiter. Und dieser junge Mann war technisch unheimlich gut. Ich habe das also von Anfang an sehr gut gelernt.
Und dann bin ich in Hannoversch Münden in den Verein und habe dann von Anfang an auch recht erfolgreich gespielt. Ich bin dann zu „Hellas Göttingen“. Die haben mich dann angeworben und da habe ich in der ersten Frauenmannschaft gespielt. Da war ich, glaube ich, 15 oder 16 Jahre alt. Und das Schöne war, dass meine Eltern das alles geduldet und erlaubt haben. Denn ich musste mit der Bimmelbahn abends spät nach dem Training von Göttingen nach Oberscheden und morgens wieder in die Schule. Und dann bin ich auch schnell in Hannoversch Münden zur Leichtathletik gekommen.“

… ihr sportliches Leistungsethos

“Mein Aufenthalt in Schwerte ist mir zu Anfang nicht leichtgefallen. Ich war dem Leistungssport verbunden und zu allem anderen habe ich immer gesagt: ‚Die brauchen keine Trainer. Die können das auch alleine machen. Da ein bisschen herumhoppeln, das kann jeder. Ich habe das ja früher auch alleine gemacht.‘ Es ging also von vornherein in Richtung Leistung. Auch schon in der Leichtathletik in dieser Mädelsgruppe – die Uta Nolte ist daraus hervorgekommen. Bei diesen Schulveranstaltungen in den Staffeln waren wir fast immer Sieger von Nordrhein-Westfalen. Es ging für mich immer um das Weiterkommen und um Leistung. Und bei den Spielerinnen, da ging es mir, da bin ich ganz ehrlich, um Disziplin. Wenn Training ist, ist Training, egal ob die Sonne scheint. Und wenn der Trainer da ist, dann haben die Spielerinnen auch da zu sein. Und dann haben die Leichtathletinnen auch da zu sein!
Und wer das in Schwerte nicht wollte, der war auch nicht lange in der Trainingsgruppe, das war sehr einfach. Der spielte sich einfach raus oder konnte im Training da herumlaufen. Aber das interessierte mich nicht. Ich war da wirklich in der Sache, glaube ich, sehr streng. Aber es wurde von den Elternhäusern akzeptiert. Und nur die, die das akzeptierten, waren dabei. Wir gewannen dann sehr schnell im Volleyball die erste Deutsche Meisterschaft in der Jugend und wurden dann zum ersten Mal bei der Stadt Schwerte zur Ehrung eingeladen. Dann gab es jedes Jahr die Sportlerehrung. Schwerte nannte sich auch Sportstadt – und das war sie auch.”

… ihre Anfänge bei Jugend trainiert für Olympia

„Am Ruhrtal-Gymnasium kam ich eines Tages als Sportlehrerin in Shorts in das Lehrerzimmer. Sodass man schon immer sagte: ‚Huch!? Kommst du wieder in deiner Freizeitkleidung?‘ Und ich sah auf einem Tisch einen Flyer vom ‘Stern’ mit einer Ausschreibung für Berlin: ‘Jugend trainiert für Olympia’. Davon hatte ich noch nie gehört. Da ging es unter anderem um die Sportarten Leichtathletik, Schwimmen, Turnen und Volleyball.Es hat mich sehr erstaunt, dass Volleyball mit in dieser Ausschreibung war. Ich habe den Flyer mit nach Hause genommen, habe ihn in meinem Mann gezeigt und habe gesagt: ‚Du, das ist doch eine interessante Sache?!‘ Und dann habe ich mich erkundigt. Und dann hieß es: Es fängt erst an. Es ist erst das allererste Jahr. Aber sie könnten uns helfen. Wir haben keine Schiedsrichter. Ich sagte: ‚Ach, damit kann ich dienen.‘ Und bin im allerersten Jahr, wo das stattfand, als Schiedsrichterin gemeinsam mit dem Ehepaar Sagert aus Witten, der Mann kam aus der DDR und war geprüfter Schiedsrichter, nach Berlin gefahren. Wir waren die Abordnung für Nordrhein-Westfalen als Schiedsrichter. Jedes Land hatte ein Kontingent. Dort haben wir die erste Veranstaltung als Schiedsrichter mitgemacht.
Das hat mich so interessiert und auch begeistert, dass ich gesagt habe: ‚Das muss für meine Mädchen eine Veranstaltung werden, an der wir teilnehmen.‘ Und habe dann den Mädchen auch erzählt, dass es so was gibt. Und daraufhin haben wir auch dafür gearbeitet, dann wollten wir nach Berlin kommen. Da waren natürlich auch Gespräche in dem Kreis des Ausschusses der Lehrerinnen für höhere Mädchenschulen. Wie machen wir das?

Die Ausscheidungsspiele waren zu Anfang noch sehr simpel und sehr einfach. Und Schwerte hatte da natürlich überhaupt keine Probleme – das machten wir so ungefähr mit links. Wir kamen jedes Jahr nach Berlin. Es war auch nach Altersklassen getrennt. Am Anfang waren es zwei Altersklassen, glaube ich. Nachher wurden es drei. Wir konnten in jeder Altersklasse teilnehmen und fuhren von da an wirklich regelmäßig Jahr für Jahr nach Berlin. Das stand schon beim Kollegium im Kalender. Weil sie wussten, dass sie da umstellen mussten und dass Schülerinnen fehlten. Das war dann auch so eine Veranstaltung, die gebucht war und wir fuhren da jedes Jahr hin. Und das war natürlich für Nordrhein-Westfalen, für das Ministerium eine gute Gelegenheit zu sagen: ‚Berg, dann nehmen Sie das doch mal in die Hand. Und sehen Sie zu, dass die alle mit dem Flieger kommen. Und dass die ihre Ausweise haben und dass die alle im Olympiastadion ihre Unterlagen bekommen.‘ Na klar, das habe ich gerne gemacht. Warum auch nicht?“

… die Alfred-Berg-Sporthalle

Und da kam Kultusminister Girgensohn und hielt die Festrede zum zehnjährigen Jubiläum des VC Schwerte. Und beim Mittagessen sagte er so etwas locker zu meinem Mann: ‚Na, was wünschst du dir denn?‘ Und bei meinem Mann sprudelte das raus: Ach, du fragst mich, was ich mir wünsche, ich wünsche mir eine Volleyballhalle.‘ Girgensohn sagte erst mal gar nichts. Und nach einigen Minuten sagte er dann: ‚Berg du bekommst deine Volleyballhalle.‘ Auch wenn es für uns dann später ein unheimlich schwerer und langer Weg war, die Gelder mussten ja irgendwo herkommen. Nordrhein-Westfalen hat viel gestemmt, aber nicht alles. Es wurde dann etwas aus Frankfurt, von der „Deutschen Sporthilfe“ gegeben. Da bin ich dann sehr oft hin. Und es wurde verhandelt, wer wie viel und welche Anteile und und und. Wer dann auch die Halle nutzen kann, ob Schule oder wer. Nordrhein-Westfalen wollte natürlich auch, dass da Schulen mit reinkamen und dass die Wettkampf-Gymnastik, die in Schwerte groß war, auch noch ein Teilchen bekam. Wir wussten aber, dass es unheimlich knapp wird, weil wir auch so viel Jugendarbeit hatten – es war alles nicht einfach. Aber tatsächlich war sie 1981 fertig. Zu seinem neunzigsten Geburtstag wurde in Schwerte vom Bürgermeister aus, eine großen Feier für meinen Mann organisiert. Und die Halle heißt seitdem Alfred-Berg-Sporthalle. Und da war er mit 90-Jahren noch richtig gut in Form. Er hat sich natürlich riesig gefreut. Er hatte es auch verdient, muss ich sagen. Und seitdem spielt man in Schwerte in der Alfred-Berg-Sporthalle.“

Sportliche Neuorientierung

Verselbständigung des Westdeutschen Volleyball-Verbandes

NRW – volleyballsportliches Vorzeigeland

Das “Schwerter Modell”


Hier finden Sie in Kürze das vollständige Interview im PDF-Format: