Skip to main content
Lothar Sommer

Lothar Sommer

*1933
Vorsitzender des Stadt Sportbundes Herne (SBB Herne)

Seine ersten berufliche Schritte ging Lothar Sommer als Lehrling im Bergbau. Er prägte ab 1960 die Sportentwicklung in Herne. Für seine Arbeit wurde er im Jahr 1991 mit dem Ehrentitel “Bürger des Ruhrgebiets” ausgezeichnet.

Kurzbiografie

  • Geboren 1933 in Herne
  • 1950-1955 Bergmanns- und Kaufmannslehrling
  • 1951-1985 Aktive Spielerzeit als Handballer im CVJM Herne; in dieser Zeit wurde Lothar Sommer mehrfacher deutscher Meister und Vizemeister bei den Eichenkreuz-Meisterschaften
  • 1960 erste Funktion beim SBB Herne (Fachschaftsleiter Handball)
  • 1964-1999 Herner Sportausschussmitglied als Bürgervertreter
  • 1967-1989 Kaufmännischer Angestellter in der Steinkohle-Bergbau-Verwaltung
  • 1974- 1996 1. Vorsitzender des SBB Herne
  • 1991 Auszeichnung Bürger des Ruhrgebiets
  • 1993-2005 Funktionen im Landessportbund NRW (LSB NRW)
  • Seit 1996 Ehrenvorsitzender des SBB Herne
  • Seit 2005 Ehrenmitglied des LSB NRW

Lothar Sommer über …

… Erinnerungen an die NS-Zeit

„An die Zeit des Nationalsozialismus kann ich mich eigentlich sehr gut erinnern, weil mein Großvater und die beiden Brüder meines Vaters Nazis waren. Und zwar alte Kämpfer, das waren ja die, die vor `33 Mitglied der NSDAP geworden sind. Und ich kann mich ganz genau erinnern: Als meine Großmutter 1938 ihren Geburtstag feierte, dass die beiden Brüder meinen Vater in die Mangel nahmen, die Unterschrift zu geben für die Mitgliedschaft in der Partei – was er nicht gemacht hat. Er war zwar kein Widerstandskämpfer in dem Sinne, aber er war nie Mitglied der NSDAP, auch keiner anderen Partei, auch später nicht.
Mein Vater war als Bergmann unabkömmlich. Die Bergleute sind ja fast in großen Scharen freigestellt worden für den Bergbau, weil man ja die Kohle brauchte.
Meine Mutter war mit uns drei Kindern, ich habe noch einen jüngeren Bruder und eine jüngere Schwester, vom 27. Mai 1943 an in Pommern. Wir sind am 1. Oktober still und heimlich von dort weggegangen, wieder nach Hause.
Ich war da in der Schule und wir hatten auch Lehrer aus Herne mit. Und da war auch einer, so ein verrückter Nazi, der mich unbedingt auf die Adolf-Hitler-Schule bringen wollte. Und aufgrund meiner ersten Ohroperation hatte ich natürlich schon eingeschränktes Hörvermögen. Da bin ich also mehr oder weniger durchgefallen, was im Nachhinein sicherlich gut war.“

… Vereinslandschaft in Herne nach dem Zweiten Weltkrieg

„Ich bin dann `46 praktisch in den Sportbetrieb eingetreten und habe in der Schülermannschaft des SC Constantin gespielt bis 1947. Dann war ich ja 14, konnte also in der Schülermannschaft nicht mehr spielen. Dann kam ich in die Jugend. Und da war gerade da oben in unserer Bergbaugegend so viel Betrieb, da hatten wir Jüngeren überhaupt keine Chance, in eine der beiden Jugendmannschaften zu kommen. Dadurch ist das dann eingeschlafen. Und es kam anschließend dazu, dass in unserem Viertel ein Fußballverein gegründet wurde. Da habe ich dann ab `49 auch einige Jahre noch Fußball gespielt, erst in der Jugend bis `51, dann bei den Senioren, wo, ich sage das jetzt mal ein bisschen scherzhaft: Bei den Senioren wurde mir zu viel geschickert und gefeiert, ob gewonnen oder verloren, Bier gab’s immer. Und dann bin ich, weil ich in der Jugendarbeit des CVJM tätig war, dann zum Handball gekommen. So ab `50 bin ich praktisch zweigleisig gefahren.
Zur Neugründung kam es, weil ein Überangebot an Spielern auch beim SC Constantin war. Und da wir in unmittelbarer Nähe wohnten, ist das dann auf der Straße in unserem Bereich beschlossen worden. Und da wurde dann `48 der Antrag zur Gründung eines neuen Vereins an den Westdeutschen Fußballverband gestellt. Früher war da ein Holländer so maßgeblich die treibende Kraft. Die haben als Ajax Herne gespielt, im Hinblick auf Amsterdam.“

… Jugendarbeit und Sport beim CVJM in Herne

„Ich war ja in der evangelischen Jugendarbeit tätig, da eine Handballmannschaft bestand habe ich mich da auch engagiert und bin eigentlich dann auch bis 1985 dabeigeblieben.  1985 habe ich das letzte Mal gespielt, als über 50-Jähriger. Mit 39 habe ich noch in der Landesliga mitgespielt, aber das war immer nur aushilfsweise, wenn andere Leute fehlten.
Als ich angefangen habe, war das Feldhandball damals. Ich war immer Deckungsspieler, ob Fußball oder Handball. Ich war immer entweder Mittelläufer oder wurde dann rechter Läufer. Ich bin ja Rechtshänder und ich hatte nicht so einen strammen Wurf, dass die mich im Sturm gebrauchen konnten.
In der CVJM habe ich also in der Jugendarbeit noch etwas geleistet, indem ich eine Jungschargruppe hatte und später, als die Jungs älter wurden, eine Jungenschaft. Bis `56, habe ich das ausgeübt, neben meiner Lehre und neben meinem Beruf.
Wir haben einmal in der Woche damals beim Feldhandball trainiert, später zweimal, als wir ein bisschen höher spielten. Und diese Jungschar war einmal in der Woche. Und die Jungenschaft auch einmal in der Woche. Dazu kam ja dann, weil ich mit relativ jungen Jahren Vorstandsmitglied für den Sport im CVJM wurde, die Vorstandssitzung alle vier Wochen. Der Aufwand war schon nicht so gering.
Wir hatten ein Sportgelände am Stadtgarten bei uns. Da waren zwei Plätze, ein Fußballplatz und ein weiterer Platz, der im Volksmund Heepen Wiese genannt wurde, weil da früher die Ziegen darauf waren. Der hat auch eine 133-Meter Laufbahn. Und da spielten wir unter anderem auch Handball. Da waren aber auch unterklassige Fußballvereine tätig.
In der Zeit war ich praktisch nicht nur Funktionär, sondern auch selbst Spieler. Ich habe manches Amt betrieben in unserer Stadt. Ich wurde als junger Mann gewählt, als Fachschaftsleiter-Handball im damaligen Zweckverband für Leibesübungen, heute Stadtsportbund. Ich habe dann auch erfolgreich viele Turniere durchgeführt. Wir führten eine Stadtmeisterschaft ein, und dadurch hatte ich sehr viel Kontakt mit der Politik. Weil wir natürlich auch die Wünsche hatten, zum Beispiel eine große Halle zu bekommen, in der wir Handball spielen konnten. Wir hatten bis 1971 keine Großspielhalle in Herne. Die ist erst 1971 gekommen und in Wanne-Eickel war das 1970.“

… die Geschichte der Jugendvergleichskämpfe im Ruhrgebiet

„Kontakte zu Nachbarstädten hatten wir ja dadurch, dass wir 1963/64 einen Jugendvergleichskampf eingeführt haben, später dann die Ruhr-Olympiade. Und da waren daran beteiligt: Bochum, Herne, Wanne-Eickel, Gelsenkirchen und Dortmund. Und das erhöhte sich dann nachher mal auf acht. Und dann hat sich der Professor Gramke, der Direktor des KVR Kommunalverband Ruhrgebiet, dafür starkgemacht nach einem Gespräch, was wir rein zufällig bei unserem Oberbürgermeister Urbanski geführt haben, dass er das ganze Ruhrgebiet dazu haben möchte. Und da hat dann eine Neuregelung in den 90er-Jahren stattgefunden. Ich glaube 1994, sodass dann alle elf kreisfreien Städte des Ruhrgebiets und die vier Landkreise für einen Wettkampf zusammenkamen. Und das lief bis 2015 etwa. Da kam dann diese Neuregelung durch das Land und durch den KVR, wobei dieser Bereich der früheren Zusammenarbeit, nicht mehr so gegeben war wie vorher.
Das war für uns als Herner muss ich sagen, eine sehr gute Sache. Wir haben da auch sofort mit gemacht. Und `64 war ja der erste Wettkampf in Bochum an einem Wochenende. Ich weiß nicht, mit wie vielen Sportarten, mit Siegerehrung in der großen Ruhrlandhalle. 2000 Jugendliche waren da, die Verwaltung der Städte, Oberbürgermeister und so weiter. Also das war schon eine gute Sache.
Die Initiative war von dem Stadtsportbund Bochum, das war die Sportjugend Vorsitzende Frau Wittig – wir haben immer gesagt Mutter Wittig, weil es eine Kneipe in Bochum gibt, Mutter Wittig. Und Karl-Heinz Krause, der später auch mal Vizepräsident beim Landessportbund war und lange Jahre Präsident des Turnerbundes.
Es war so, dass wir angefangen haben als fünf Städte-Wettkampf. Wir waren dann teilweise sechs, dann ging es runter, auch durch die Eingemeindung auf vier. Dann waren wir wieder mal acht. Als dann so einige Sportjugenden hier aus dem rheinischen Bereich dazu kamen und dann, wie gesagt, durch ein Gespräch `81 mit dem OB bei uns in Herne, Manfred Urbanski und dem Professor Gramke ist dann der Gedanke geboren worden, alle zusammenzufassen. Aber nachher war das so groß geworden, dass sich kein Ausrichter mehr fand. Wir haben die Ruhr-Olympiade mehrere Male ausgerichtet, unter anderem 1997 im Rahmen der 100 Jahre Stadt Herne. Und dann auch etliches im Gysenberg, mit einem Konzert zum Beispiel von DJ Bobo, der in der Eissporthalle war, mit über 3000 Besuchern.
Heute möchte ich mal sagen, wird immer mit großen Zuschauerzahlen herumgeworfen. Ich selbst habe bis jetzt keine Veranstaltung besucht. Aber es ist ja ein gewaltiger finanzieller Kraftakt. Auch wir haben früher mit 250.000, der Hauptsponsor war der KVR, das Ganze bewilligt, mit über 25 Sportarten, zum großen Teil männlich und weiblich. Und heute sind es dafür zwei bis drei Millionen, die das Ganze kostet. Ich weiß nicht, ob der Effekt da so groß ist. Im vorigen Jahr war das ja in Bochum, und ich fand, was eigentlich erreicht werden sollte, ist nicht so rübergekommen.“

… die Sportstättenlandschaft in Herne

„Die Sportplätze sind hier alles fast alles Tennenplätze gewesen, und die wurden dann so alle vier, fünf Jahre renoviert. Die Decken mussten also dann erneuert werden, sodass man dann auch vernünftig spielen konnte. In Herne hatten wir ja das Stadion von Westfalia Herne, das war eine vereinseigene Anlage. Mittlerweile gehört das Gelände der Stadt, und der Verein bekommt auch entsprechende Zuschüsse. Sodingen ist ein Notsportplatz gewesen für die Berglehrlinge in den 50er- und 60er-Jahren und ist dann aber ’52 umgebaut worden für den SV Sodingen. Und wenn man das heute mal sieht, dass da 25.000 und 30.000 Menschen gewesen sein sollen oder da waren, um das anders auszudrücken, dann ist das überhaupt nicht verständlich. Durch die Hallenknappheit ist natürlich auch von den Sportlern gewünscht worden, vernünftige neue Hallen zu bauen. Das Gleiche gilt für das Stadion in Wanne-Eickel, das ’55 die Handball-Weltmeisterschaft beherbergte. Es haben da zwei Spiele stattgefunden, unter anderem mit Jugoslawien. Es waren aber auch hier Pokalspiele Berlin gegen Westdeutschland zum Beispiel, an das ich mich erinnern kann. Der Platz wird heute noch vom DSC Wanne-Eickel für die Meisterschaftsspiele genutzt.“

… die Rolle von Städtepartnerschaften für Herne

„1989 nach dem Mauerfall sind wir dann Anfang 1990 sofort nach Eisleben als neue Partnerstadt der Stadt Herne gefahren und haben dort eine Vereinbarung mit den Eislebener Sportkameraden getroffen. Die hatten ja das Prinzip, dass jeder Sportbund in den Städten eine hauptamtliche Kraft hatte. Die hatten wir noch nicht zu dem Zeitpunkt. Dadurch haben wir auch bis heute diese Verbindung, dass da gewisse Sportaustausche stattfinden. Das Gleiche gilt für Frankreich, Hénin-Beaumont, mittlerweile auch eine frühere Bergbaustadt wie Herne. Dort fanden auch jährliche Begegnungen statt. Wir sind unter anderem 1972, als dort mal einen Stadionneubau eingeweiht wurde, mit 200 Sportlern und einer großen städtischen Politikergruppe zu einem Austausch gewesen, und zwar über drei Tage insgesamt. Das war eine sehr gelungene Geschichte. Wir haben noch mit Wakefield, das ist die Partnerstadt von Herne und auch von Castrop-Rauxel, lange Jahre einen Jugendsport-Austausch gehabt, auch von Verwaltungsmitarbeiter. Aber das ist beides eingeschlafen.
Der Kontakt zu Eisleben ist auf Dauer ausgerichtet, durch die Vorstände, Stadtsportbund, Sport und Bäderamt, dann die Sportverwaltung in Eisleben. Heute gehört ja alles so dem Bereich Mansfelder Land und natürlich auch die Organisation des Sportes. Ich selbst bin also bestimmt zehnmal da gewesen. Und wir haben auch davon partizipiert, dass die sehr gerne hier nach Herne gekommen sind, zu Veranstaltungen auch im Gysenberg beim Spielfest da waren. Und ganz gerne kamen, wenn die Cranger Kirmes war, weil wir dann mit denen über die Kirmes bummeln, das war schon immer eine schöne Sache. Vor allen Dingen, wenn die Jugendlichen oder Kinder dieses Gedränge in Crange sahen, hatte ich immer Sorgen, ob wir die alle wieder mal einfangen konnten. Aber da muss ich sagen: Da herrschte Zucht und Ordnung, die waren immer alle pünktlich da.“

Der Herner Sportausschuss in den 1960er- und 1970er-Jahren

Spiel und Sport im Revierpark Gysenberg

Folgen der kommunalen Gebietsreform 1976

Das Aktionsprogramm Breitensport 1977


Hier finden Sie in Kürze das vollständige Interview im PDF-Format: