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Bernd Lasarzewski

Bernd Lasarzewski

*1956
Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie an der Sportklinik Hellersen

In Lüdenscheid werden Träume Wirklichkeit: An der Sportklinik Hellersen fand Bernd Lasarzewski seine berufliche Erfüllung. Als Chefarzt leitete der gebürtige Niedersache die Abteilung für Knie-, Ellenbogen-, Schulterchirurgie und Sporttraumatologie. Als Teamarzt der DFB-Frauen wurde er 2007 Weltmeister.

Kurzbiografie

  • Geboren 1956 in Spaden bei Bremerhaven
  • Studium an der Medizinischen Hochschule Hannover
  • Assistenzarzt am Kreiskrankenhaus Großburgwedel
  • Seit 1989 Sportklinik Hellersen (Assistenzarzt, Oberarzt, Chefarzt)
  • Seit 1989 Teamarzt von Rot-Weiß Lüdenscheid
  • 1993 Erster Einsatz für die deutsche Fußball-U20-Nationalmannschaft der Frauen
  • 1999-2021 Teamarzt der deutschen Fußball-A-Nationalmannschaft der Frauen
  • 2000 und 2004 Bronze bei den Olympischen Spielen in Sydney und Athen
  • 2007 WM-Titel in China

Bernd Lasarzewski über …

… den Weg von der Volksschule zum Medizinstudium

„Mein schulischer und beruflicher Werdegang sind nicht so ganz glatt gelaufen, wie man sich das oft vorstellt. Der Bolzplatz, andere Sportarten und treffen mit Freunden war mir eigentlich zunächst einmal wichtiger als die Schule, sodass ich auf der Volksschule in Spaden bis zur neunten Klasse bleiben durfte oder musste. Irgendwann in der achten Klasse, ich denke so mit 14, 15 irgendwie in diesem Alter, hat es aber irgendwann dann doch mal „klick“ gemacht. Ich wollte doch in der Schule mehr erreichen, weil doch einige meiner Freunde in Bremerhaven dann auf dem Gymnasium waren, und ich war immer noch an der Volksschule in Spaden. Das hat mich dann irgendwann gestört. Und dann hat es einmal „klick“ gemacht und der Ehrgeiz hat mich gepackt. Ich wollte dann mehr erreichen und bin noch mal für die neunte und zehnte Klasse auf eine Realschule in Bremerhaven gegangen. Es gab dann die sogenannten Aufbaugymnasien. Man konnte dann von der Realschule aufs Gymnasium gehen. Ja, und das war dann mein nächster Schritt und 1976 durfte ich dann mein Abitur machen. Ich glaube, bis kurz vor dem Abitur war mir noch gar nicht so ganz klar, was ich beruflich gerne machen möchte. Ich wusste recht bald, dass es irgendetwas sein soll, wo ich etwas mit Menschen zu tun habe und nicht nur mit totem Material. Und dann entwickelte sich irgendwann doch kurz vor dem Abitur der Wunsch: Ich möchte Medizin studierenden.“

… erste Eindrücke aus dem Sauerland

„Als Nordlicht war das schon etwas komisch in den Westen zu fahren. Ich kannte dieses ganze Ruhrgebiet und auch das Sauerland eigentlich nicht so wirklich damals. Ich bin mit etwas gemischten Gefühlen dorthin gefahren: Na ja, wie wird das denn sein? Du kommst auf einmal in eine hügelige Gegend, kommst aus dem absoluten Flachland. Zunächst einmal wusste ich gar nicht, wo Lüdenscheid liegt, musste mir das erst einmal erklären von der Sekretärin meines neuen Chefs erklären lassen. Na ja, ich habe den Weg dorthin auch gefunden. Und als ich dort war, hat es mich das Sauerland schon fasziniert mit seinen Hügeln, mit seinen Bergen, mit seinem auf- und abfahren und mit den Talsperren, die wir dort hatten. Das hatte ich mir ganz zu Anfang dann schon mal angeguckt. Bevor ich auch zugesagt habe, bin ich noch ein bisschen durchs Sauerland gefahren. Und irgendwie war es schön. Es war etwas anderes, und es hat mich dann doch begeistert. Und ich habe gesagt: Mensch, da möchtest du auf jeden Fall hin. Nicht nur wegen der Klinik, sondern auch wegen der Gegend.“

… den Beginn seiner Karriere als Mannschaftsarzt der DFB-Frauen

„Anfang der 90er-Jahre hat unsere momentane Nationaltrainerin Martina Voss bei uns im Krankenhaus in der Personalabteilung gearbeitet. Und über sie habe ich dann den Kontakt zur Westfalenauswahl geknüpft. Sie war damals schon Auswahlspielerin und hatte auch in der Westfalenauswahl und in der Nationalmannschaft gespielt. Sie hat dann den Kontakt zu unserem damaligen Verbandstrainer Helmut Horsch für mich geknüpft. Der sagte, er würde sich sehr darüber freuen, wenn für die Verbandsauswahlmannschaften ein Arzt zur Verfügung stünde, der auch mitfahren würde zu den Spielen. Dann bin ich einmal mitgefahren. Wir haben uns sehr gut verstanden, der Helmut Horsch und ich. Und es passte, weil bei meinem ersten Einsatz, den ich hatte, hatten wir gleich eine schwerere Verletzung, die ich glücklicherweise auch gut versorgen konnte. Ja, das war so Anfang der Neunzigerjahre, ich glaube 1991, 1992. So um diese Zeit war das, dass ich dann begonnen habe, auch die Westfalen-Auswahlmannschaften der Männer und Frauen zu betreuen. Der nächste Schritt war dann eigentlich der Schritt zur U20 Nationalmannschaft der Frauen.
Die U20 Nationalmannschaft war gerade in der Sportschule Kaiserau hier bei uns in Westfalen untergebracht. Die Torfrau hatte sich am Handgelenk verletzt. Sie ist schon verletzt angereist, es stand ein Spiel gegen Holland an. Und die damalige Trainerin Tina Theune-Meyer wusste nicht so richtig, wie sie mit der Torfrau umgehen sollte, ob sie sie einsetzen kann oder nicht. Und fragte dann den Helmut Horsch: ‚Wo gehe ich mit dieser Spielerin denn zum Arzt?‘ Und dann fiel ihm ein, dass ich noch da bin, rief mich dann an, ob ich nicht eventuell nach Kaiserau kommen könnte, um die Spielerin anzugucken. Das habe ich dann getan. Sie hatte auch Röntgenbilder von ihrem Handgelenk dabeigehabt. Das war auch sehr hilfreich und ich konnte dann relativ schnell eine schwere Verletzung ausschließen. Ich bin dann noch bei dem Training dageblieben, habe mich mit Tina Theune-Meyer noch eine ganze Zeit lang unterhalten und bin dann abends nach Hause gefahren. Am nächsten Tag bekam ich einen Anruf von ihr und sie fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, mit nach Holland zu fahren, um die Mannschaft zu betreuen.
Eigentlich war für die Betreuung für das Spiel in Holland eine Kollegin aus Saarlouis, aus der damaligen Klinik des Nationalmannschaftsarztes der A-Nationalmannschaft-Männer, Heinrich Heß vor Ort. Aber sie war nicht da. Sie hatte kurzfristig abgesagt und dann bekam ich den Anruf von Tina Theune-Meyer. Sie fragte, ob ich nicht mitfahren möchte nach Holland zu diesem Spiel? Da habe ich natürlich sofort ‚ja‘ gesagt, auch das hat gepasst. Ich war zwar noch nicht fest im Kader drin, aber ich bin immer wieder angerufen worden in den nächsten Monaten, in den nächsten ein, zwei Jahren, ob ich nicht mal wieder die Betreuung machen könnte, weil die andere Kollegin aus Saarlouis mal wieder nicht konnte. Und ich glaube, ich habe dann nach anderthalb Jahren mal zu der Tina Theune-Meyer gesagt: ‚Wenn ich sowieso immer als Vertreter da bin, warum nimmst du mich nicht als ersten Mann in diese Mannschaft rein? Und lässt die Kollegin dann die Vertretung machen?‘ Und damit war ich der Arzt der U20 Frauen-Fußballnationalmannschaft.“

… die Rolle(n) des Teamarztes im Wandel der Zeit

„An den Aufgaben, die man als Mannschaftsarzt bei den Mannschaften in den Neunzigern oder in den 2000er-Jahren hatte, hat sich einiges geändert. Ganz zu Anfang waren der Arzt und ein Physiotherapeut bei der Betreuung dabei. Und wir mussten uns dann auch um Ernährung und um andere Dinge mit kümmern. Das hat sich denn grundlegend in den 2020er-Jahren geändert. Dadurch, dass wir einen Koch bekommen haben, der auch die Frauenmannschaften immer begleitet, damit war die das Thema der Ernährung für mich schon nicht mehr dabei. Dann hat sich auch in den 2020er-Jahren sehr etabliert, dass wir Athletiktrainer bekommen haben. Das war früher auch Aufgabe des Arztes und der Physiotherapeutin, für das Athletiktraining da zu sein, für die Stabilisierungsübungen da zu sein, für Dehnübungen und für diese Dinge da zu sein. Das hat sich aber jetzt sehr geändert. Das ist jetzt Aufgabe der Athletiktrainer. Da hat es schon einen Wandel gegeben.“

… den Ablauf eines Länderspiels aus medizinischer Sicht

„Die Vorbereitung auf ein Länderspiel beginnt ja schon deutlich, bevor wir uns treffen. Die Spielerinnen rufen mich oder die Trainerin an, wenn es irgendwelche Verletzungen sind, wenn es irgendwelche Probleme im Vorfeld gibt, bevor man sich dann als Mannschaft trifft. Dann bespricht man das am Telefon: ‚Ist das möglich, dass die Spielerinnen überhaupt eingesetzt wird? Oder sollte sie gar nicht eingeladen werden? Sollte sie ihre Verletzung zu Hause auskurieren? Oder ist die Verletzung nur eine Kleinigkeit, weil es nur eine Prellung oder ein kleiner Bluterguss ist?‘ Dann muss man entscheidend: Laden wir die Spielerin mit der Verletzung ein, ja oder nein? Das spricht man mit der Trainerin dann ab. Damit beginnt also meine Aufgabe schon im Vorfeld. Dann trifft man sich in der Regel drei, vier Tage, bevor das Länderspiel stattfindet. Es gibt dann die Trainingsvorbereitungen, das Training und taktische Vorbereitungen. Wir, die Physiotherapeuten und der Arzt sind als das medizinische Team immer mit dabei.
Wir reisen am ersten Tag an, sogar vor der Mannschaft. Damit wir schon im Vorfeld alles vorbereiten und unsere Räume einrichten können. Wir machen unsere Teambesprechungen, denn die Physiotherapeuten haben manchmal noch andere Informationen, als der Arzt sie bekommen hat, sie sprechen dann mit ihren Kollegen aus dem physiotherapeutischen Bereich der einzelnen Bundesliga-Mannschaften. Wir treffen uns also vorher, um diese Dinge schon alle zu besprechen. Dann reist die Mannschaft an, dann gibt es einen Medizinercheck. Wir gucken noch mal, ob alles so weit in Ordnung ist, befragen die Spielerinnen, ob sie irgendwelche Schwierigkeiten, Probleme oder Verletzungen haben. Wenn ja, werden wir gucken, dass wir die kurieren, so gut es geht. Die Behandlungen sind dann in der Regel immer abends nach dem Abendessen. Dann ist Training, Vorbereitung auf das Spiel.
Und was Besonderes ist immer der Spieltag. Da gibt es so ein paar Rituale. Wir haben so ungefähr drei Stunden vor dem Spiel immer unser „Matchmeal“. Da hat sich bei der Frauen-Nationalmannschaft eingebürgert, dass es grundsätzlich Spaghetti gibt und grundsätzlich Pfannkuchen. Dann fährt man circa zwei Stunden vor dem Spiel mit der Mannschaft ins Stadion, bereitet dort alles vor. Es gibt das Aufwärmen der Mannschaft. Wir sind mit draußen auf dem Platz, gucken dort natürlich auch zu, dass da nicht noch irgendetwas passiert, und dann raus auf die Bank, ab zum Spiel und hoffen, dass nichts passiert. Nach dem Spiel gibt es dann wieder die Untersuchungen der Spielerinnen. Alle, die kleine Blessuren haben, werden untersucht. Dann gibt es die Behandlungen, was auch immer notwendig ist, in der Hoffnung, dass nicht etwas Schlimmes passiert ist und ich mit der Spielerin ins Krankenhaus fahren muss. Dann sehen wir zu, dass wir die Spielerinnen so gut wie möglich medizinisch versorgen und nach Möglichkeit alle gesund wieder nach Hause in ihre eigenen Vereine entlassen.“

Wegmarke Großburgwedel

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Ökonomisierung der Sportklinik Hellersen

Sportverletzungen und Behandlungsverfahren im Wandel


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