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Uwe Müller

Uwe Müller

*1971
Redakteur der Tageszeitung Neue Westfälische

Schon als Teenager sammelte Uwe Müller erste sportjournalistische Erfahrungen. Als Redakteur der Neuen Westfälischen verfolgt das aktive Mitglied der TuS Teutonia Vinsebeck 1912 e. V. seit über 35 Jahren das regionale Sportgeschehen.

Kurzbiografie

  • Geboren 1971 in Nieheim
  • 1992-1998 Studium Sportwissenschaften und Geschichte in Paderborn
  • Seit 1980 (mit Unterbrechungen) aktiv bei TUS Teutonia Vinsebeck
  • Seit 1987 (Freier-)Redakteur bei der Tageszeitung Neue Westfälische
  • 1994 Kreismeister A-Jugend (als Trainer)
  • 1994-2010 Redakteur des Vereins-Stadionblatts „Dropkick“
  • 2006 Kreismeister und Aufstieg in die Bezirksliga (als Spieler)
  • 2011 Staffelsieger F-Jugend (als Trainer)

Uwe Müller über …

… seine Jugendzeit und Vereinsarbeit beim TuS Vinsebeck

„Wie viele andere Dorfvereine hätten wir früher gerne ein Sportheim gehabt. Wir haben uns damals immer in der Turnhalle im Ort umgezogen. Der Sportplatz lag allerdings von der Turnhalle anderthalb Kilometer entfernt. Das hieß also, dass man mit einem Fahrrad da hinfahren musste. Auch bei Wind und Wetter und dreckig, wie man war. Heutzutage wird bei uns im Herbst und Winter ja nicht mehr so viel gespielt. Da war man dann manchmal von oben bis unten schlammig und nass. Das war dann oft kein Vergnügen. Und später, wenn auch mal die Eltern dabei waren, dann wurde man mit dem Auto auch nicht mitgenommen. Hin ja, aber zurück nicht mehr. Da musste man mit Stollenschuhen oder Noppenschuhen, die man damals hatte, einmal durchs halbe Dorf laufen, um sich wieder umziehen zu können. Ein Sportheim wurde erst 1992 bei uns gebaut.

[…] Unser Verein ist ein Dorfverein. In unserem Dorf haben wir 1200 Einwohner. Mal mehr, mal weniger. Und der der Sportverein war schon immer der größte Verein, da waren es auch schon mal knapp über 600 Mitglieder. Mittlerweile hat es sich so auf knapp über 500 Mitglieder eingependelt, viele davon auch jung und aktiv, hauptsächlich im Fußballbereich. Und Macher braucht man natürlich immer. Mittlerweile sind es immer dieselben Macher. Das war früher ein bisschen anders. Da packten mehr mit an. Da waren mehr Leute bereit, was zu tun. Ob es damit zusammenhängt, dass es heutzutage viel mehr andere Angebote sind? Ich denke mal, daran liegt das. Oder an der Bereitschaft, sich einfach mal für eine Jugendmannschaft einzusetzen. Sei es nur als Fahrer, sei es als Betreuer, den Trainer zu unterstützen, den Sportplatz abzustreuen, das Sportheim sauber zu machen oder auszuhelfen. Es gibt eigentlich immer was zu tun. Früher waren viele dabei. Da brachten auch die Väter ihre Kinder zum Helfen mit. Und dadurch bin ich auch immer mitgekommen. Meine Mutter war auch jemand, die immer dabei war, zum Beispiel beim Kuchenbacken für den Nachmittag. Und das habe ich auch übernommen. Ich bin fast bei jeder Aktion dabei, wenn es irgendwo darum geht, etwas für den Verein zu machen. Und wie gesagt, alles auch ehrenamtlich. Und das macht man auch gerne, auch wenn man manchmal absolut keine Lust hat. Es regnet in Strömen, aber es muss das und das gemacht werden. Ja gut, dann zieht man sich dementsprechend an und macht das!“

… die Deutschen Crosslauf-Meisterschaften 1989 am Flugplatz auf dem Frankenberg

„1989 wurden die Deutschen Cross-Meisterschaften bei uns ausgerichtet. Unser Ort liegt in einem Tal, da gibt es einen Berg. Da ist auch der Segelflugplatz. Und der war damals wohl ideal für diese Deutschen Cross-Meisterschaften. Da war auch noch ein Mädchen aus meinem Jahrgang, Tanja Busse, die ist heute auch bekannt als Autorin und beim WDR war sie auch. Sie hat damals den Titel gewonnen. In welcher Disziplin, weiß ich jetzt nicht mehr genau. Aber das passte dann auch zum Lokalkolorit und auch für die Sportberichterstattung hervorragend.
Das war etwas ganz Besonderes. Es gibt nur zwei Wege zu dem Veranstaltungsort hoch, weil das am Berg ist. Einmal hoch und einmal runter. Und da war ich damals auch bei den Helfern. Da musste jeder mithelfen. Da waren mehrere Tausend Starter. Zuschauer kamen also sehr viele hin, es musste viel organisiert werden. Ich gehörte zu denjenigen, die mit einem Bulli zu der einen Turnhalle, die wir nur hatten, die Sportler zum duschen hoch und runterfahren mussten. Das war vielleicht nur ein Kilometer. Aber man musste das ja immer managen. Es gab acht Duschen an jeder Seite für Männer und für Frauen. Da musste man schon improvisieren, das Sportheim gab es da ja auch noch nicht, aber es hat alles funktioniert. In dieser Läuferszene hat man Jahre später immer noch gehört, wie interessant und toll das war. Also eine Cross-Meisterschaft gab es bei uns in der Region auch noch nie.

[…] Wir hatten schon immer eine Läufergruppe, die sehr rege war. Die nahmen an sehr vielen Läufen in der ganzen Region teil. Und haben auch immer verschiedene Sachen angeboten, auch zwischendurch mal Crossläufe. Das ist gerade für die, die immer nur irgendwelche Asphaltläufe oder Straßenläufe machen, eine willkommene Abwechslung. Damals waren auch noch sehr viele Läufer bei uns als Starter aus dem Detmolder-Paderborner-Bereich. Das waren auch viele englische Soldaten, die damals dort stationiert waren, aus Herford auch noch. Und das sprach sich herum und ich kann mir vorstellen, dass dann irgendwann mal die Anfrage kam. Da ist es schön, warum kann man da nicht mehr machen? Und die Leute packen mit an und das wird was.“

… Mitgliederversammlungen beim TuS Vinsebeck

„Die Mitgliederversammlungen waren früher ein Highlight. Meine Verwandtschaft hat die Gaststätte ‚Müller‘, die ist direkt neben unserem Haus. Die ist von 1853, also sehr alt. Die haben auch einen großen Saal angebaut, der ist von 1912. Da waren früher die Jahreshauptversammlungen und in dem Saal waren dann über 200 bis 100 Mitglieder. Zu essen gab es nichts, aber dafür gab es Freibier. Damit konnte man auf jeden Fall locken. Aber das Freibier gab es immer erst nach der Versammlung, wenn ein Vorstand gewählt worden war. In den letzten Jahren kamen dann immer weniger Teilnehmer zu den Versammlungen. Mittlerweile sind es im Schnitt 60 Mitglieder, die noch kommen. Man merkt, dass das Interesse weniger geworden ist oder auch die Angst davor besteht, dass man vielleicht einen Posten mitnehmen muss oder überredet wird.

Bei den Versammlungen ging es auch schon mal rund, vielleicht nicht so wie beim FC Schalke, wie man das noch aus den Achtzigern kennt. Aber meistens ging es natürlich ums liebe Geld. Wenn der Kassierer offenlegte, wofür Geld ausgegeben worden ist, dann war der und der Trainer viel zu teuer. Dann meckerten wieder einige Mitglieder: ‚Ohne den ginge es aber nicht.‘ Und dann gab es schon einige interessante Wortgefechte. Wie vor knapp 20 Jahren: Bei uns ist das Sportheim ein bisschen ungünstig angelegt. Das Sportheim liegt längst an der Seite des Sportplatzes, dann läuft direkt vorm Sportheim die Aschenbahn für die Leichtathleten her. Und dann kommt der Rasenplatz. Also muss man immer über die Aschenbahn rüber und die ist dementsprechend nicht gut. Und wenn man Feste dort feiert, dann ist alles schmutzig durch die Asche. Die Fußballer mögen die Asche nicht, und deswegen sollte die dann auch weg und sollte dann gepflastert werden. Unsere Laufgruppe macht meistens auch nur Langlauf. Die nutzen den Radweg, bei uns läuft der R1 direkt am Dorf entlang. Die laufen ihre zehn-, 20 Kilometer. Diese Aschenbahn wurde eigentlich nur für das Sportabzeichen genutzt. Das muss auch sein, aber das hätte man vielleicht auch woanders stattfinden lassen können. Da gab es dann mal 20.000 DM von der Stadt, um das zu pflastern. Aber dann waren auf einmal auch über 70 Leute bei der Versammlung, weil dann auch die Leichtathleten alle da waren. Und die haben dann vehement dagegen gestimmt. Und dann kam das auch nicht durch. Aber das war ein schönes Streitgespräch. Letztendlich muss man sich der Mehrheit fügen und jetzt wird die Laufbahn vielleicht demnächst gepflastert, hat nur ein bisschen gedauert.“

… Berichterstattung in der Kreisliga

„Ich habe das lange Jahre immer als freier Mitarbeiter gemacht und auch schon viele Aufgaben übernommen, nicht nur die Berichterstattung am Sonntag. So fing es an: Selber noch gespielt, dann sofort geduscht, zack, ans Telefon und alle Spiele abtelefoniert. Damals rief man noch in den Vereinskneipen an. Da gab es ja noch keine Handys und Sportheime auch noch nicht so viele. Da musste man dann in der Vereinskneipe anrufen. In den meisten Fällen kam der Trainer auch direkt dahin. Und manchmal hat einem auch der Vereinswirt Auskunft erteilt. Der sagte dann einfach: ‚Ja und unser Heiner hat drei Tore geschossen!‘ ‚Ja, wie heißt denn der Eine mit Nachnamen?‘ Das waren schon kuriose Telefonate damals, aber manchmal reichte einem für eine Kreisliga Berichterstattung ja schon mal, dass man zumindest weiß, wer die Tore geschossen hat. Den Rest musste man sich dann vielleicht später vom Trainer holen.

Damals hat man auch selber Fotos gemacht, nicht nur Berichte geschrieben. Ich habe auch dann noch lernen müssen, bevor die Digitalkamera richtig Einzug gehalten hat, abends dann selbst die Filme zu entwickeln und dann als Dia einzuscannen. Dann hat man auch viel von zu Hause aus gearbeitet. Früher mussten wir oft nach Höxter fahren, das sind von uns wieder 30 Kilometer gewesen. Und letztendlich hat man, wenn man alles zusammenrechnet, nicht viel verdient. Aber es war der Spaß an der Sache, dass man seinen Bericht an einem Tag in der Zeitung lesen konnte. Das war dann auch was Besonderes. Und ich hatte auch meine eigene Kolumne mit einem kleinen Foto da drin. Ich habe da immer so als Nachberichterstattung und ein bisschen auch mit Humor festgehalten, wie der Spieltag gelaufen war. Das hieß dann „A-Liga Geschichten mit Uwe Müller“. Wurde eigentlich ganz gut angenommen. So etwas würde heutzutage vielleicht sogar online noch besser laufen, weil dann auch nicht nur die Abonnenten draufklicken könnten. Vielleicht mache ich es mal wieder.“

… die Arbeit in der Sportredaktion der Neuen Westfälischen

„Also bei der Sportredaktion in Höxter waren der Redakteur Wolfgang Kiene, ich und ganz viele freie Mitarbeiter. Wir hatten da für jeden Bereich welche. Und wir wollten ja auch alles besetzen. Und genau weiß ich es noch, als ich es dann übernommen habe, um 2010, da war ich dann der alleinige Redakteur. Und da hatte ich manchmal zwölf, 13 freie Mitarbeiter. Es wurden sonntagabends zu Hochzeiten bis zu acht Lokalsportseiten gemacht. Und vorweg hat man dann morgens schon zwei Tischtennisseiten produziert. Weil die Spiele in der Regel fast alle samstags waren, die hatten dann die Mitarbeiterinnen schon alle fertig gemacht. Ich habe dann die Tabellen alle eingegeben, das war dann eine richtige Latte. Das musste immer bis spätestens 14 Uhr fertig sein, denn dann musste ich ja selbst los, um irgendein Spiel zu gucken, Fotos zu machen und zu berichten. Und danach war man gegen 17 Uhr wieder in der Redaktion und hat dann sein Spiel geschrieben. Und dazu dann alles, was dann von den Mitarbeitern kam. Die Seiten waren dann vorgespiegelt, Kartons nennen wir das. Die kann man dann genauso wie Blöcke daraufsetzen. Da kommt ein Foto rein, da kommt der Text rein, Einspalter, Zwei- oder Dreispalter, Aufmacher und so weiter. Das musste auch alles so sein.
Wir hatten wirklich gute Mitarbeiter, zwei, drei hatte man, da wusste man: Bei dem muss ich den Vorspann immer umschreiben, bei dem muss ich immer kürzen. Das Gros war wirklich gut. Da war vielleicht mal ein Tippfehler drin, und meistens hat man den gefunden. Und wenn man den nicht gefunden hatte, dann passierte das schon mal. Aber es war selten. Ich habe immer das Ziel gesetzt, bis zum „Tatort“ fertig zu sein. Das hat auch meistens geklappt. Das war damals gut strukturiert. Dann hat das eigentlich auch gut geklappt. Es sei denn, es gab irgendeinen technischen Fehler.

Meistens waren es sechs oder sieben Seiten. Es sei denn, es war noch mal was Besonderes. Ein besonderes Reitturnier, Tischtennis, Kreismeisterschaften oder irgendwas, was außer der Reihe war, etwa Laufveranstaltungen. Davon haben wir im Kreis Höxter viele gehabt. Aber in der Woche hatte ich eigentlich jeden Tag zwei Lokalsportseiten gemacht. Manchmal sogar auch drei oder vier, je nachdem, wie viel noch einmal in der Woche passierte. Also ich habe immer versucht, möglichst viel zu machen und auch Nischen zu finden und die Leute vorzustellen. Ich bin auch fast überall hingefahren. Weil ich ja selber auch alles Mögliche im Sport gemacht- oder versucht habe. Mit den kleinsten Kindern trainiert habe. Und heutzutage mit den ältesten, den Altherren. Selbst über so ein Altherrenturnier habe ich dann mal einen Bericht darüber gemacht. Man weiß, da kriegt man nicht viele Leser mit, aber man befriedigt auf jeden Fall ein paar Leser, und die sagen: ‚Hey, die nehmen uns auch ernst.‘ Jeder hat ja irgendwie einen kleinen Ansporn und Ehrgeiz beim Sport, und sei er noch so klein. Aber so ein Turnier, das ein kleiner Verein mit Herzblut ausrichtet, da würde heutzutage vielleicht gesagt werden: ‚Ach, liest keiner. Zeit investiert, Geld investiert. Lohnt sich nicht.‘ Ich habe aber meist mehr berichtet, als es nötig war.
Die Wertschätzung des Lokalsports hat, denke ich, schon nachgelassen. Die Älteren, die wirklich noch gern in der Zeitung lesen und auch jede Tabelle studieren, die werden immer weniger. Die Jüngeren, die gucken sofort nach dem Spiel auf dem Handy unter ‚fussball.de‘ oder diversen anderen Seiten, die es mittlerweile gibt. Da können die Trainer einfach so ihre Statements hinschicken, die werden so abgedruckt, wie sie geschickt werden, ohne zu redigiert zu werden. Da steht eine halbe Stunde später alles drin. Und dann haben die nicht mehr so den Drang zu gucken, was montags in der Zeitung steht. Das hat sich schon geändert in den ganzen Jahren. Aber wir haben es ja selbst gemerkt, als wir auch viel online gestellt haben. Anfangs vor zehn, zwölf Jahren haben wir auch schon damit angefangen. Die Zugriffe waren online sehr gut. Da hatten wir manchmal für den Lokalsport bessere Klickzahlen als im Lokalen. Es sei denn, es war ein schwerer Unfall.

Da hatten wir schon Trainerrauswurf, selbst wenn es in der Kreisliga ist, die wurden gelesen und wenn wir da mal so tausend Klicks drauf hatten. Das war für den Bereich, den wir hatten, schon nicht schlecht. Und daran merkt man, eigentlich ist das Interesse da, aber es darf nichts kosten. Das ist leider Gottes so gekommen. Und die Zeitungen haben sich es ja auch selber eingebrockt, weil alle Zeitungen es damals kostenlos rausgehauen haben. Jetzt versuchen sie alle wieder zurückzurudern, mit ‚Verplussen‘ und ‚Paywall‘ und so weiter. Es ist verdammt schwer, die Leute jetzt wieder ins Boot zurück zu holen.“

Einstieg in den Sportjournalismus

Sportberichterstattung im Wandel der Zeit

Als Geißbock auf der Alm 

‘Kirche und Kicken’

Wiederbelebung der ‘Sportwerbewoche’


Hier finden sie in Kürze das vollständige Interview im PDF-Format: