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Klaus Lohmann

Klaus Lohmann

*1936
Langjähriger Bürgermeister der Stadt Witten und Vorsitzender des Kreissportbundes Ennepe-Ruhr

Klaus Lohmann trägt das Ruhrgebiet im Herzen und auf der Zunge wie kaum ein anderer. Der gelernte Bauingenieur und leidenschaftliche Schachspieler hat seine Heimatstadt Witten und ihre Sportlandschaft als Funktionär, Lokal- und Bundespolitiker nachhaltig geprägt. 

Kurzbiografie

  • Geboren 1936 in Witten
  • 1948 Lohmann wird Mitglied in der sozialistischen Jugendorganisation “Die Falken”
  • 1954-1966 Untertagetätigkeiten auf den Zechen „Mansfeld“ in Bochum-Langendreer und „Minister Achenbach“ in Lünen-Brambauer
  • 1956-1958 und 1960 Ausbildung zum Bergingenieur an der Bergvorschule Witten und der Bergschule Dortmund
  • 1970-1999 Ratsmitglied der Stadt Witten (SPD)
  • 1978-1983 und 1989-2004 Oberbürgermeister der Stadt Witten
  • 1979-2000 Präsident des KSV Witten 07 e. V
  • 1994-1998 Sportpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion

Klaus Lohmann über …

… Kriegs- und Nachkriegsjahre

„Es war dann natürlich so, dass nachdem ich als Kind dann in einer Schule eingeschult worden war, die Angriffe im Krieg auf Witten auch kamen und wir hinterher eine sehr schwer zerstörte Innenstadt hatten, sodass wir „kinderlandverschickt“ wurden. Und ich wurde „kinderlandverschickt“ nach Schopfheim bei Lörrach, unten in der Schweiz. Da gab es eine Brücke nach Basel rüber, da war ich als Kind dann „kinderlandverschickt.“ Das waren die Auswirkungen des Krieges. In dieser Zeit, denke ich, war eigentlich für mich als Kind, als Junge kaum in irgendeiner Form, nun eine sportliche Betätigung möglich. Zumindest kann ich mich daran kaum erinnern. Anders wurde es dann natürlich, als der Krieg vorbei war und wir eben im Grunde, als Kinder in der Nachbarschaft dann die Frage stellten: ‚Wir möchten doch gerne Fußball spielen. Wo haben wir einen Fußball? Wir haben keinen.‘ Das heißt, dann wenn man einen Fußball in der Nachbarschaft hatte, dann war man schon wirklich König unter den Kindern, die wir dort waren. Teilweise haben wir Fußball gespielt. Das heißt, das war dann mehr eine Sache für einen Torwart. Dass man Strümpfe zusammengebunden hatte und dass man geworfen hatte und dergleichen. Jemand, der ein Tennisball hatte, das war auch schon im Grunde einer, der von anderen dann beneidet wurde. Das war also eine äußerst schwierige Zeit. Bei uns war es so, dass wir einen kleinen freien Platz hatten. Und dass wir, da wir ungefähr ein Kilometer von einem Sägewerk entfernt wohnten, in der Lage waren, Holz zu besorgen. Wir sind da runter in das Sägewerk, haben Holz besorgt, haben uns Tore aufgebaut. Aber ich denke mal, nach einer Woche hatte irgendein Nachbar wieder Probleme mit dem Holz für seinen Ofen und dann war das Tor wieder weg. So etwas haben wir dann paarmal gemach. Das vielleicht so die erste Zeit in Bezug auf Fußballspielen. Wobei mein Vater der Meinung war, ich sollte Klavierspielen lernen, weil ich aber da kaum richtige Lust zu hatte, war es dann so, dass ich rauskam und sagte: ‚Leute, wir müssen nicht auf dem Platz spielen, sonst kommt gleich mein Vater und sagt, komm Klavier spielen!‘ Dann gingen wir einen Platz weiter. Da mussten wir dann losgehen. Also es waren schon ziemlich lustige und interessante Geschichten, die wir als Kinder dann erlebt haben.“

… das Miteinander im Bergbau

„Was mich von Anfang an natürlich fasziniert hat, und ich glaube, das ist ja insgesamt auch das, was den Bergbau so auszeichnet, diese Solidarität dieses einstehen für den anderen. Da gab es nie kritische Situationen, sondern immer jeder für den anderen auch. Ich wurde hinterher dann auf der Schachtanlage Minister Achenbach in Lünen-Brambauer Schachtgruppenvorsitzender. Was ganz außergewöhnlich war, dass ein Grubensteiger der Schachtgruppenvorsitzende war. Schachtgruppe heißt, wenn wir eine Abstimmung hatten in Bezug auf Streik oder dergleichen mehr. Und weil auf der Schachtanlage Minister Achenbach so viele aus Selm, aus Lünen, aus Waltrop kamen, da musste man die zusammenschließen. Und deshalb war das für viele einfache gestandene Kumpels schon außergewöhnlich, dass der Steiger der Schachtgruppenvorsitzende war. Was eigentlich einer sein sollte, der von der IG Bergbau richtig verankert war. Das war ich aber trotzdem. Und wenn ich dann sagte: ‚Wilhelm, ich bin doch nicht der Steiger. Du bist Wilhelm. Ich bin Klaus.‘ ‚Nein, das geht nicht Steiger. Du bist der Steiger, und ich bin der Wilhelm, aber ich kann dich nicht Dutzend.‘ Nein, das war so eine Sache. Obwohl hundertprozentig standen wir auch zusammen. Aber das waren so bestimmte Kriterien, die konnte man nicht überschreiten. Also ich sage mal, damals war es natürlich noch so, dass natürlich am Horizont erkennbar wurde, dass es irgendwann weiter runtergehen würde. Das waren ja dann schon die Mitte der 60er-Jahre, wo dann hinterher die Bergbaukrise eben in immer stärkerem Maße zustande kam. Und dann war es ja so, dass ich eben eine Möglichkeit hatte. Das war dann aber ein Sprung in eine politische Situation hinein.“

… Sport- und Kulturpolitik auf kommunaler Ebene

„Um allen gerecht zu werden und überall dabei zu sein, heißt natürlich auch, dass man im Grunde die Familie vernachlässig. Und ich meine, das muss ich auch eingestehen, dass ich ununterbrochen unterwegs war. Im politischen Bereich, aber auch in allen anderen. Also nicht nur politischer Bereich, sondern alles, was in der Stadt lief. Jetzt war ich ja Sportler. Nachdem wir eingekreist worden waren, war es für mich sofort eine Selbstverständlichkeit, dass ich nachfragte: ‚Was ist mit dem Ennepe-Ruhr-Kreis? Wo gibt es da eine sportliche? Und dann hatten wir jemand, das war der Kreissportbund. Das war ein Mann, der hatte einen Ordner, und das war ein ganz Lieber. Und der war der Vorsitzende des Kreissportbundes. Ich habe dann gesagt, weil wir in Witten stärker organisiert waren mit unserem Stadtsportverband: ‚Wir müssen da mehr tun.‘ Und hab mich da dann auch eingebracht. Das war dann eine Kampfabstimmung gegen jemanden aus Hattingen. Aber ich will nur sagen, da haben wir uns bemüht, im Sportbereich. Und für mich war immer wichtig, wenn ich auch der engagierte im sportlichen Bereich bin. Jede Sache im kulturellen Bereich habe ich genauso mitzutragen und mit zu unterstützen. Also ich habe nie in irgendeiner Form jetzt gesagt: ‚Wir nehmen da den Sport nach vorne und stellen Kultur hinten an.‘ Sondern das war für mich eine Selbstverständlichkeit, dass wir auch in diesem Bereich mit gefördert und forciert haben. Ich denke mal daran, dass wir bei uns in der Stadt diese Sache mit dem Wittner Saalbau hatten. Das war so notwendig, so zwingend notwendig, dass wir da die Möglichkeit gegeben haben. Und von daher muss ich sagen, ich war eigentlich immer der, der sich bemüht hat, dass im Bereich Künstler, Kulturschaffende und auch in diesen Vereinen und Verbänden man nie den Eindruck hatte: ‚Zu Lohmann brauchst du gar nicht zu gehen – sondern spricht mit ihm, der wird sich kümmern, und er wird mit denen und denen reden.‘ Dass das sehr oft natürlich auch gerade für einen, der eben als Oberbürgermeister und Bürgermeister, nun einen riesen Bekanntheitskreis hatte, dass es für mich eine Selbstverständlichkeit war, dass ich eben, da geworben habe, wo es eben möglich war. Und von daher denke ich, war das im Grunde auch außerhalb der sportlichen Ebene immer eine große Familie, die wir in Witten gehabt haben. Ich meine, es gibt ja bei uns gab es immer so einen bekannten Spruch: ‚Wenn du nicht mehr weiter weißt, musst du zu SOS gehen. Und SOS in Witten waren die Stadtwerke Ostermann und die Sparkasse. Und bei den Stadtwerken und bei der Sparkasse in den Gremien war ich natürlich dann als Bürgermeister und Oberbürgermeister mit vertreten. Wichtig war, dass man da für einen Ausgleich gesorgt hat und dass man nie den Eindruck hatte, die tun nur was für den einen Bereich, sondern gemeinsam.“

… die Rolle von Partnerstädten für die Sportentwicklung

„Ich bin Präsident des Partnerschaftsvereins Witten, wir haben neun Partnerstädte. Der Punkt für mich war, ich sagte: ‚Leute, wenn wir jetzt in die Partnerstadt fahren‘ – unter anderem sind wir gefahren nach Beauvais. – ‚Dann gucken wir, welche Sportarten betreibt man in unseren Partnerstädten, die wir nicht betreiben?‘ Das müsste man doch überlegen. Dann sind wir in Beauvais das zweite Mal gewesen. Und dann fand da ein Triathlon-Wettkampf statt. Wir hatten in Witten bis dahin mit Triathlon gar nichts zu tun. Was haben wir heute? Wir haben zwei Triathlonvereine. Wenn man die von den Mitgliedern her addiert, dann kommen wir fast auf tausend Mitglieder. Der eine Verein heißt PV Triathlon, Partnerschaftsverein Triathlon. Also so was das denke ich, ist auch ein äußerst wichtiger Punkt gewesen. Wir haben in der Spitzenzeit fast 100 Vereine in Witten gehabt. Manchmal hätte man auch gern, das haben wir dann auch im Stadtsportverband besprochen. Wenn wir den und den und den, wenn wir die zusammenschließen, haben Sie wieder mehr Kraft. Aber das ist dann auch schwierig. Ich war Präsident geworden bei der Fusion von Ballfreunde Ardey und VfL Witten 07, die früher mal in der Oberliga West waren. Da haben wir gesagt: ‚Wenn wir die fünf größten Fußballvereine in Witten zusammenschließen, haben wir eventuell eine Chance, dann doch wieder aus dem Bezirksklassenniveau nach oben zu kommen.‘ Ja und was war? Die Fusionsverhandlungen dann? Sagt der eine: ‚Aber wir haben viel mehr in der Kasse als ihr.‘ Und also dieser Versuch, als Präsident da einzusteigen, das haben hinterher auch andere versucht. Manchmal ist dann natürlich auch eine gewisse Kleinkariertheit leider das zerstörende Moment. Dann ist man traurig und würde eigentlich gern helfen. Aber wenn dann solche Sachen zusammenkommen, dann geht es leider nicht.“

… seine Tätigkeit im Sportausschuss des Bundestages

 „Ich habe jetzt einen guten Freund, Friedhelm Julius Beucher. Wir haben uns sofort verstanden. Wir waren im Sportausschuss. Dagmar Freitag aus Iserlohn, die ja auch jetzt nicht mehr kandidiert hat. Wir waren von vornherein ein Team, was sich gut verstanden hat. Für mich war das eigentlich eben durch mein Vorleben in allen Vereinen, allen Verbänden selbstverständlich, dass ich einmal versucht habe, als ich in den Bundestag kam – klar, in die Mannschaft Ruhrgebiet muss man rein. Weil wir die Probleme weiterhin ja hatten in Bezug auf Kohle und Stahl – aber, dass ich sofort versucht habe, in den Sportausschuss zu kommen. Und wir haben da auch, denke ich, und da bin ich wieder der Bergmann, eine so harmonische Gruppe auch gehabt. Es war eine interessante Sache. Wir haben ja vier Hütten in Kärnten. In der kleinen Gemeinde Mallnitz haben wir vier Hütten. Und jede Arbeitsgruppe im Bundestag macht einmal im Jahr eine Klausur. Und dann haben wir den Antrag gestellt: Die Sportarbeitsgruppe der SPD-Bundestagsfraktion möchte ihre Klausur in diesem Jahr in einer Hütte in Mallnitz stattfinden lassen. Daraufhin Reaktion: ‚Was glauben Sie denn, was das kostet?‘ Und wir haben es dann aber durchgekriegt und konnten hinterher dann sagen: ‚Gemessen an anderen Klausuren, die in Deutschland stattfanden, haben wir nur die Hälfte des Preises benötigt.‘ Na also, ich will mal sagen wir waren auch so begeistert. Die waren alle mit, und bis heute sind wir richtig gute Freunde. Ich sage mal, diese Bergbau-Solidarität und die Sport-Solidarität, die wohnt mir inne. Aber die wohnt auch viel in Freunden, die ich da kennenlernen konnte, auch heute noch inne.

Also eine Sache, die mich und die andere auch bestürzt hat. Wo wir im Nachhinein auch Recht bekommen haben, war damals die Sache Doping. Inwieweit spielte auch Doping hier in Deutschland eine Rolle? Wir waren dann damals im Grunde voll auf der Linie verschiedener leichter Kritiker. Und zum Schluss führte das dazu, dass wir von den anderen Fraktionen dargestellt wurden: ‚Ihr seid die Beschmutzer des deutschen Sports.‘ Das muss man sich mal überlegen. Ich habe jetzt im Nachhinein, als das alles belegt wurde, dass das, was wir damals angerissen hatten und aufgeklärt hatten, dass das stimmte. Aber ich muss sagen. Ich bin auch nicht der, der sagt: ‚Jetzt wollen wir genau nachweisen, dass wir damals recht gehabt haben.‘ Aber leider, leider war das so, das hat mich und uns beschäftigt, das muss ich schon sagen.“

Kohlen für den Klassenlehrer

Entscheidung zum Bergmannsberuf

Beitritt zu den Falken

Die kommunale Gebietsreform


Hier finden Sie in Kürze das vollständige Interview im PDF-Format: