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Ludwig Jörder

Ludwig Jörder

*1946
Hauptgeschäftsführer der Westfallenhallen Unternehmensgruppe Dortmund GmbH

Als Hauptgeschäftsführer modernisierte Ludwig Jörder die Westfallenhallen Unternehmensgruppe Dortmund GmbH. Während seiner Amtszeit beheimateten die Westfalenhallen diverse Weltmeisterschaften und hochkarätige Sportveranstaltungen.

Kurzbiografie

  • Geboren 1946 in Arnsberg
  • 1967-1972 Studium der Rechtswissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum
  • 1985-2011 Hauptgeschäftsführer der Westfalenhallen
  • Zwischen 1986 und 2005 Erweiterung und grundlegende Modernisierung der Westfalenhallen:
    Bau der Hallen 6, 7, 8 und Halle 3B; Modernisierung des Kongresszentrums
  • 1995 Beendigung der kommunalen Subventionen + Übernahme der Investitionen und der Bautätigkeiten
  • 1999-2019 Vorsitzender des WDR-Verwaltungsrates
  • 2014-2020 Bezirksbürgermeister Dortmund Innenstadt-Nord

Ludiwg Jörder über …

… seinen ersten Medienkontakt im Rahmen der Olympischen Spiele 1960

„Woran ich mich erinnern kann, da wohnten wir aber schon in Düsseldorf. Mein Vater wurde von Arnsberg nach Düsseldorf versetzt und später von Düsseldorf nach Dortmund. Und da wohne ich ja nun schon seit 1963. Aber 1960, mit ungefähr 14 Jahren, kann ich mich erinnern, dass in der Innenstadt von Düsseldorf, wo wir wohnten, paar Häuser weiter war ein Fernsehgeschäft, und die hatten einen Fernseher im Schaufenster. Wir selber hatten keinen damals. Wie viele Leute nicht. Und ich weiß aber gar nicht mehr, wahrscheinlich war das schwarz-weiß. In diesem Fernsehgeschäft im Schaufenster lief also Olympia, und da stand ich dann oft nach der Schule, nicht ich alleine, da stand dann immer so eine kleine Traube davor und guckte sich die Übertragung an. Und das ist eigentlich der erste und wahrscheinlich auch wirklich von mir erinnerte Medienkontakt, was Sport angeht. Da kann ich mich auch ein bisschen erinnern an Harry und Martin Lauer und Carl Kaufmann. Manfred Germar war, glaube ich, auch schon 1960 dabei. Das sind so die Namen. Später habe ich noch viel Fernsehen gesehen, das ist verständlich. Aber das war schon etwas Besonderes, weil es auch für uns damals total neu war.“

… seine Berufung zum Geschäftsführer der Westfalenhallen

„Mein Weg zu den Westfalenhallen ist sehr ungewöhnlich und überraschend für mich selber gewesen. Ich hatte berufliche Beziehungen dazu, weil ich einige Jahre als Anwalt für das Unternehmen tätig war. Da lernt man einiges kennen was das Unternehmen betrifft, aber nun auch nicht gerade alles. Ich war ja in der Kommunalpolitik, und es ist ein städtisches Unternehmen. Da gab es natürlich auch Berührungspunkte. Und ich war natürlich wie fast jeder Dortmunder dort häufiger zu Besuch. Aber mehr war nicht. Und als dann die Stelle der Hauptgeschäftsführung dort neu besetzt werden musste, gab es dann relativ plötzlich – das Bewerbungsverfahren lief schon und es gab auch schon aussichtsreiche Bewerber – von namhaften Vertretern der Gesellschafter, also der Stadt Dortmund, die da was zu sagen hatten, die Information, sie seien mit dem Bewerberfeld nicht so einverstanden. Und haben mich dann konkret angesprochen. Für mich total überraschend, lag auch nicht auf der Hand. Und ich habe das dann in einen Sommerurlaub, in dem ich auch noch einen Segelschein gemacht habe, mitgenommen. Ich war da zehn Jahre Anwalt, ich war ein Jahr Notar. Da gab es keine Veränderungspläne, das war schon für mich dann ein sehr sehr großer Schritt, den ich mir dann gut überlegt habe. Habe dann sehr viele gute Freunde und Bekannte danach gefragt und kriegte auch unterschiedliche Antworten. Einer sagte: ‚Was willst du denn da? Willst du da die Löwenverleihung von RTL organisieren?‘ Und andere sagten wieder: ‚Pass mal auf, das ist eine hoch spannende Sache.‘
Und zum Schluss habe ich mich dann entschieden zu sagen: ‚Ja, ich mache das.‘ Und dann hieß es aber noch: ‚Dann musst du dich jetzt auch bewerben.‘ Ich habe dann gesagt: ‚Ihr wollt doch, dass ich das mache?!‘ Daran wäre es fast gescheitert. Ich hatte eigentlich keine Lust, mich zu bewerben, weil die haben mich angesprochen.  ‚Also ja, das Verfahren läuft ja schon. Wir haben ja schon andere Bewerber.‘ Dann habe ich das gemacht. Und dann wurden das auch letztlich streitig gegen andere Bewerber durchgesetzt. Aber ich hatte ja das Backing von den Leuten, die mich angesprochen haben. Aber ganz von alleine ist es dann nicht gelaufen.“

… das Ende der Sechstagerennen in der Westfalenhalle

„Die Sechstagerennen hatten da schon große Probleme. Was man auch daran sehen konnte, dass es sehr krampfhafte Bemühungen gab, das Rahmengeschehen irgendwie aufzuwerten. Da gab es welche, die haben das mehr im oberen Segment versucht. Jetzt muss man sagen, im Grunde genommen gab es damals ja so gut wie gar nicht dieses Rahmengeschehen um Veranstaltung. Eigentlich ins Bewusstsein getreten ist das ja mit Tennis. Das war ja plötzlich ganz erstaunlich, dass ein Direktor da 100 Tische aufbaut und die Leute guckten das Tennis gar nicht in der Halle, sondern guckten das im VIP-Bereich auf dem Bildschirm. Aber das war ja für andere Sportarten noch kaum Thema. Gerade beim Sechstagerennen gab es ja immer schon diese schönen Witze: Interessiert gar nicht, Hauptsache, wir stehen im Innenraum und trinken Bier.
Es wurde dann versucht, das Niveau anzuheben. Es ist auch nicht so ganz einfach, da das richtige Maß zu treffen. Aber es gab auch andere Sachen, also paar Jahre vor meiner Westfalenhallen-Zeit, aber schon als Anwalt fing das plötzlich an, das „oben-ohne-Kapellen“ im Rahmengeschehen auftauchten. Und ich kann mich an eine Sache als Anwalt erinnern. Es war eine Kapelle aus Dänemark und dann war irgendwie zwischen dänischem und deutschem Recht umstritten, ob die jetzt 18 Jahre alt sein durften oder 21. An genaue Zusammenhänge erinnere ich mich jetzt nicht mehr. Auf jeden Fall wurde das dann kontrolliert vom Jugendamt. Und ich musste die ganzen Pässe da einsammeln. Und dann gab es da auch noch ein Sicherheitsproblem: Was machen jetzt diese nicht mehr ganz nüchternen Massen? Heute würde man da die Achseln zucken.
Und auf den Bühnen war auch noch eine Trachtenkapelle vorgesehen. Die hatten so Wanderschuhe an, mit genagelten Sohlen. Und die sagten: `Wenn einer hier die Finger auf die Bühne tut, dann kriegt er schon gleich von uns einen drauf.‘ Das war dann also die freiwillige Security-Truppe.
Ich will damit nur sagen: Das waren schon problematischer Zeiten. Die haben wir dann oder nicht nur wir, auch andere Veranstalter nicht weiterverfolgt. Man hat dann sehr viel investiert in bessere Gastronomie, schönere Logen, schönere Rahmenveranstaltungen, wie man das auch bei anderen Sportarten macht.
Es hat sich letztlich immer als schwerer rausgestellt. Und so ist dann im Prinzip ein Sechstagerennen nach dem anderen gestorben. Unseres als eines der letzten, aber nicht als das Letzte. Aber es gab eben noch andere Probleme. Einmal war das Problem die Popularität der Fahrer. Oder sagen wir mal so: Einen reinen Bahnfahrer, den kennt das Publikum, wie das bei deutschen oft der Fall ist, wenn der bei der Olympiade eine Medaille gewinnt.
Spannend sind die großen Namen, die im Sommer Tour de France fahren und im Winter Sechstagerennen. Die gab es aber immer weniger, weil es immer mehr Spezialisten sind. Und weil die großen Rennställe das nicht gerne sahen. Weil wer sich im Januar auf einer Radrennbahn das Schlüsselbein bricht, hat sein Trainingsprogramm für die Tour de France im Eimer. Wirtschaftlich, was die großen Stars ich sage mal mit einem Werbevertrag da verdienen, da lachen die über die Gage bei den Sechstagerennen. Auch wenn das für einen Normalmenschen durchaus eine ganze Stange Geld war. Es gab aber immer welche, die einfach wollten und die sich das auch gegenüber ihren Ställen leisten konnten. Wie zum Beispiel Erik Zabel. Aber es gab auch andere. Und das war natürlich eine super Sache.
Es gab ganz wenige wie Danny Clark oder so, die als Bahnspezialisten Publikumslieblinge waren. Aber insgesamt war das eben nicht mehr wie in den 60er- oder 70er-Jahren, wo diese Namen eine ganz andere Rolle spielten. Und dann, das kann man ja jetzt schon mit dem Namen Zabel gut zur Überleitung nutzen, gab es natürlich noch ganz andere Probleme. Und die waren dann wirtschaftlich. Aber erst mal ließ das Interesse der Leute nach. War ja auch im Straßensport so gewesen. Und das Thema Sponsoring war natürlich auch stark beschädigt. Wir hatten noch einmal einen Vertrag in Aussicht mit einem sehr großen Unternehmen, die in das Thema Radsport investieren wollten. Ein Unternehmen aus dem Gesundheitsbereich sage ich mal. Die aber dann natürlich gesagt haben: ‚Wir haben aber die und die Klausel.‘ Das Risiko hätten wir gar nicht tragen können, weil man ja immer damit rechnen musste, dass etwas passierte. Und das alles hat dann zum Ende geführt. Und bestimmte Dinge, die einfach so eine Oldtimer-Anmutung haben, die haben andererseits dadurch natürlich immer viele Freunde gehabt. Aber irgendwann wird es auch schwierig.
Und damit meine ich insbesondere die Steherrennen. Die Steherrennen sind ja schon etwas Rührendes, nahezu, hochinteressant, wahnsinnig, wahnsinnig spannend. Aber es gab dann irgendwann gar keine Weltmeisterschaften mehr, und es gab immer nur noch diese Eigenveranstaltungen. Und es gibt sie ja heute nur noch so als Rahmenveranstaltungen. Aber irgendwann ließ es sich nicht mehr so aufpoppen, dass genügend Leute sich dafür interessiert haben. Es musste der Schlussstrich gezogen werden.“

… die Westfalenhallen als Leistungs- und Olympia Stützpunkt

„Es gab Stützpunkte und Leistungsstützpunkte. In diesem Fall ging es um Eiskunstlauf. Es gab in dem, was eigentlich Messehallen waren oder jedenfalls später waren, in den 70er-Jahren Leistungszentren für Leichtathletik. Da wurde im Winter Tennis gespielt, da gab es Boxen und noch etwas.
Wirtschaftlich spielte das in der Zeit jetzt nicht so eine große Rolle, weil das ganze Unternehmen sowieso sehr stark von kommunalem Geld, das waren jährlich viele Millionen DM abhängig war. Das floss halt auch da rein, weil dieser Bereich an sich etwas ist, was kommunal finanziert wird.
Olympiastützpunkte sind finanziert von Bund, Land und Kommune. Aber Kommune waren wir als Unternehmen dann später. Dann hat man das aber schon vor meiner Zeit natürlich erkannt: Mensch, mit diesen Sportarten da, in den dafür nicht so super gut geeigneten Hallen das waren ja eigentlich nur rechteckige Hallen, ist wirtschaftlich eigentlich eine Katastrophe für das Unternehmen. Und man hat dann eben nach Wegen gesucht, um das nach außen zu verlagern. Und auf dem Weg ist dann die Helmut-Körnig-Halle entstanden. Sie wurde 1980 eröffnet und in diesem Jahr super renoviert, als sehr beliebte und anerkannte Leichtathletik Sporthalle. In der man aber unten in den Nebenräumen auch Leistungszentren für ein paar andere Sachen machen konnte. Und so hat man diesen Leistungssport und eben nicht den Veranstaltungs-Sport aus den aus den Hallen rausbekommen. Aber diese Sportstätten blieben beim Unternehmen. Die Körnig-Halle, das Eissportzentrum, blieben bei den Westfalenhallen. Und als ich kam, gab es für den Bereich Sportstätten die Abteilung Sportstätten. Und das war ein Bereich der Verwaltung. Also Verwaltung, Finanzen, Personal. Warum? Weil das ja in der Tat Verwaltung öffentlichen Geldes war und kein Geschäftsbetrieb. Nicht so gesehen wurde und auch keiner sein konnte. Das habe ich dann später in diese Töchterstruktur entwickelt. Da gab es eben die Olympiastützpunkt Westfalen GmbH, weil dann später der Olympiastützpunkt dazukam. Und er kam ja auch nur dazu, weil es diese Sportstätten gab, weil es diese Leistungszentren gab. Wenn es die bei uns nicht gegeben hätte, dann wäre ja kein Mensch auf die Idee gekommen, dass die Westfalenhallen jetzt noch einen Olympiastützpunkt betreiben. Sondern der Leiter dieser Sportstätten sollte dann auch Olympiastützpunktleiter werden. Und so wurde das erst mal bei uns integriert in die Abteilungsstruktur und später dann in die GmbH.
Diese GmbH war natürlich dann ein maximaler Defizitverursacher. Weil da gab es ja überhaupt nichts zu verdienen, sondern es gab ja immer nur den kommunalen Anteil dort reinzuschießen. Und auch wenn Olympiastützpunkte theoretisch vollfinanziert sind, stimmt das nicht, denn es gibt immer viele Kosten, die der Bund gar nicht erstattet. Also das hat immer viel Geld gekostet. Und ganz zum Schluss meiner Zeit dort hat die Stadt das sozusagen eingesehen. Wir haben das gar nicht aktiv betrieben. Wir haben das hingenommen und außerdem waren die Menschen, die da gearbeitet haben, uns auch lieb und teuer. Und es gab ja ab und zu auch schon mal wieder Verbindungen zu dem kommerziellen Teil, das muss man auch sagen. Über die Sportverbände gab es natürlich Verbindungen in beide Richtungen. Auf jeden Fall hat die Stadt dann ich glaube, das war 2012, diese Sportstätten wieder übernommen. Und die GmbH auch übernommen. Die GmbH war ja vorher 100-prozentig, Westfalenhallen Tochter und ist danach 100-prozentige Stadttochter geworden und gehört dort jetzt zum Geschäftsbereich Sport.“

… das Verhältnis Dortmunds zwischen Ruhrgebiet und Westfalen

„Also ich muss persönlich sagen: Ich bin ein großer Anhänger der Sichtweise, die Dortmund in Westfalen und nicht in erster Linie im Ruhrgebiet sieht. Könnte ich jetzt lange begründen, gehört aber nicht hierhin. […]  
In Dortmund heißt ja alles Westfalen. Westfalenpark, Westfalenstadion, so eine Sondergeschichte. Aber vor ein paar Jahren hat ein großer Investor aus Süddeutschland einen großen Büroturm an der Einfallstraße in Dortmund gebaut und nennt das Ding Westfalentower – keiner will etwas mit Ruhr machen. In Dortmund gibt es aber solche und solche. Es gibt natürlich auch welche, die mehr ruhrgebietsorientiert sind und dann welche, die das anders sehen. Für meinen Geschmack ist es so: Im Ruhrgebiet ist Dortmund ein und östlicher Vorort genau wie Duisburg ein westlicher Vorort ist. Essen ist die Hauptstadt oder die City. Da können wir nichts gewinnen, und wir brauchen das auch nicht. Aber das sieht zugegebenermaßen nicht jeder so.
Natürlich ist die Bevölkerungsdichte im Ballungsgebiet von Bedeutung und ist auch ein Pluspunkt. Selbstverständlich habe ich ja vorhin schon mal über die verkehrsgünstige Lage gesprochen. Das ist schon von Bedeutung. Auf der anderen Seite muss man eben auch sehen, dass wir im Ruhrgebiet nicht die Einzigen gewesen wären. Wir waren die Westfalenhallen und sich noch die Westfalenhallen. In Bochum heißt das Ding schon Ruhrlandhalle, Ruhrstadion. Jetzt heißen die Stadien wieder alle anders. Also wir haben uns nach Westfalen orientiert, und schon in Bochum gibt es die nächste kleinere Halle. Die Grugahalle spielt auch im Sport eine große Rolle und auch natürlich sonst. Die Messe Essen ist doppelt so groß wie die Dortmunder. Dann gab es eben später mit Oberhausen eine ganz moderne Veranstaltungshalle. Zumindest zu dem Zeitpunkt, als sie gebaut wurde. Und ans Ruhrgebiet angrenzend im Ballungsgebiet Düsseldorf ist auch eine riesige Halle. Früher war die kleiner als unsere, jetzt ist Köln die größte deutsche Sporthalle. Wenn man jetzt nicht die gedeckten Stadien dazurechnet. Also insofern ist das Ballungsgebiet zwar wichtig, aber führt auch dazu, dass sich um das Ballungsgebiet eine Menge Leute kloppen.“

Konkurrenzkampf und Wettbewerb des Standorts Dortmund

Die Westfalenhallen – Schauplatz hochkarätiger Sportveranstaltungen

Die Westfalenhallen aus wirtschaftlicher Perspektive


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