

Mona Küppers
*1954
Präsidentin des Deutschen Segler-Verbandes
Mona Küppers ist seit den 1970er-Jahren im Segelsport aktiv. Über die Seglergemeinschaft Hörstel führte ihr Weg zum SVNRW und LSB NRW. Heute ist sie Präsidentin des DSV und engagiert sich besonders für Gleichstellung und Inklusion im (Segel-)Sport.
Kurzbiografie
- Geboren 1954
- 1970er-Jahre erster Kontakt zum Segeln
- 1991-2001 Seglergemeinschaft Hörstel 1978 e. V.
- 1993-2001 Obfrau der damaligen 6-Seen Gemeinschaft
- Früher 2000er Beisitzerin im Landesjugendsegelausschuss des Segler-Verbandes Nordrhein-Westfalen e. V. (SVNRW) und Genderbeauftragte des DSV
- 2006-2021 Mitglied in dem Deutschen Frauenrat – Lobby der Frauen in Deutschland e. V. (zuletzt als Vorsitzende)
- 2008-2014 Sprecherin der Frauen im LSB-NRW und (geborenes) Mitglied der Kommission Gender Mainstreaming und Chancengleichheit
- 2009-2011 Vorsitzende der LSB-NRW-Steuerungsgruppe Frauen in Führung
- 2009-2020 Vizepräsidentin des Sportbildungswerkes Nordrhein-Westfalen e. V.
- 2011-2019 Mitglied der Sprecherinnen-Gruppe der Frauenvollversammlung des DOSB
- 2015-2017 DSV-Vizepräsidentin (für Fahrtensegeln, Freizeit- und Breitensport) als erste Frau der seinerzeit 127-jährige Verbandsgeschichte
- Seit 2015 SVNRW-Ehrenvorsitzende
- Seit 2017 DSV-Präsidentin (als erste Frau der Verbandsgeschichte)
- 2018 Sportplakette des Landes Nordrhein-Westfalen
- 2019 Ehrennadel des Deutschen Olympischen Sportbundes
- 2023 Bundesverdienstkreuz am Bande
- 2024 NRW-Preis Mädchen und Frauen im Sport in der Kategorie „Herausragende Leistungen in der Förderung der Gleichstellung im Sport“
Mona Küppers über …
„Natürlich wusste ich, dass es Segelboote gibt. Natürlich hatte ich irgendwann mal gehört, dass da einer alleine um die Welt gesegelt ist, sogar noch mit einem Floß. Aber eine richtige Vorstellung davon hatte ich nicht. Und dann habe ich mich eben verliebt in einen jungen Mann, der irgendwann sagte: ‚Du, also ja, so am Wochenende – ich wollte eigentlich segeln gehen.‘ Da habe ich gedacht: Musst du denn segeln gehen? Und er: ‚Ja, aber du kannst mitkommen.‘ Das war natürlich nicht so einfach, weil wir waren noch nicht verlobt, verheiratet schon gar nicht, und kannten uns noch relativ kurz. Also: ‚Wie, segeln gehen?‘ – ‚Ja. Wir müssen dann auf dem Boot schlafen.‘
Das ist bis heute so: Wenn Sie jemandem erzählen, dass sie auf dem Boot schlafen, gibt es diesen Effekt. Das Boot wird in der Vorstellung der Leute immer größer. Plötzlich denken sie, hätten da eine Queen Mary oder so. Aber dieses Boot hatte keine sechs Meter, keine Stehhöhe. Man konnte sitzen, und wenn man etwas trinken wollte, musste man aufpassen. Aus der Flasche trinken ging nicht, die hätte man oben an die Decke gestoßen. Also Glas nehmen! Toilette gab es nicht, Küche auch nicht. Gar nichts. Es war einfach ein Boot, in dem drei, vielleicht vier Matratzen lagen. Und das war’s. Aber – es segelte.
Das Boot lag in den Niederlanden, an einem See, von dem man über kleine Kanäle ins offene IJsselmeer kam, dass damals zumindest noch keinen Mitteldeich hatte. Und genau das war spannend, das hat mich fasziniert. Irgendwann stand ich dann vor der Entscheidung: Entweder das alles wollen oder mir eben doch jemand Neues suchen – oder mich finden lassen, wie auch immer. Und ich dachte: Nee, dann musst du eben segeln lernen. Das war auch gut so! Dieser Mann ist immer noch mein Mann, wir haben drei Kinder – alle von diesem Mann – und wir segeln heute auch noch zusammen. Und das ist gut so, das ist schön so, und ich glaube, unsere Familie ist auch deswegen so, weil wir so oft im wahrsten Sinne des Wortes in einem Boot gesessen haben.
Bei uns gibt es ein Wort, das meine Kinder hassen wie die Pest. Ich muss sie nur schräg angucken und sagen: HK! Das heißt halber Kram. Halber Kram geht nicht. Und deswegen habe ich mich damals entschieden, Segeln richtig zu lernen. Also nicht nur mitsegeln und das tun, was mein Mann mir beibringen konnte. Das wäre ausreichend gewesen, so segeln zigtausende Familien. Aber ich habe gesagt: ‚Nee, ich will schon wissen warum. Ich will wissen wieso.‘ Und wenn irgendwas passiert, muss ich ja auch in der Lage sein zu handeln. Ich kann ja nicht nur reagieren, ich muss auch selbst was tun können.
Und daraus hat sich dann quasi nebenbei eine kleine Segelkarriere entwickelt. Nicht unbedingt leistungssportlich, aber wir sind viele Regatten gefahren, und sehr gut gefahren. Ich weiß noch: Ich bin wirklich ohne Rücksicht auf Verluste gefahren – regelkonform und fair, aber wenn, dann wollte ich auch gewinnen. Das ist nicht immer gelungen, aber oft genug haben wir’s geschafft.“
„Also, wir sind relativ spät in das Vereinsleben eingestiegen. Und wie ich vorhin schon mal sagte: ‚Wer meckert, muss auch bereit sein, was zu tun.‘ Dann habe ich angefangen, im Verein zu arbeiten. Und das haben wir heute noch: Wir haben in vielen Bereichen dringend Bedarf an Ehrenamtlichen, die sich engagieren – und zwar an Ehrenamtlichen, die nicht nur im eigenen Verein sind, sondern auch ein bisschen über den Tellerrand schauen und vielleicht mal Dinge mitentwickeln können. Dass Vereine miteinander arbeiten. Denn es muss ja nicht jeder das Rad neu erfinden. Das Rad ist erfunden, ich kann es nur noch neu anstreichen. Und für viele Sachen ist es egal, ob das Rad rot oder blau ist. Und so muss man das sehen.
Dann kam noch etwas dazu. So um das Jahr 2000 herum fing es an, dass wir uns um Frauen im und für den Sport bemühten, nicht nur in den Segelsport, sondern generell, und dass Funktionen auch mehr mit Frauen besetzt werden sollten. Wir haben bis heute in vielen Vereinen – abseits vom Segeln, das ist in allen Sportarten durchgehend so – Vorstände, in denen es nur Männer gibt. Die Schriftwartin gibt es, manchmal auch eine Kassiererin, aber meistens sind es alles Männer. Und dann haben die Landesfachverbände gesagt: ‚Das müssen wir ändern!‘ Der Landessportbund Nordrhein-Westfalen war sehr, sehr früh dabei zu sagen: ‚Das geht nicht so weiter.‘ Und erstaunlicherweise auch der Deutsche Seglerverband. Der hatte nämlich von seinem Landesseglerverband die Vorgabe bekommen, dass sie eine Frauenbeauftragte – furchtbares Wort, aber so hieß das damals – haben sollten.
Ich war gerade vom Landesseglerverband gefragt worden, ob ich mir vorstellen könnte, im Jugendsegelausschuss mitzumachen. Da hatte ich gesagt: ‚Ja.‘ Da war ich erst Beisitzerin. Zeitgleich wurde ich dann gefragt, ob sie mich nominell benennen könnten als Frauenbeauftragte des Landesseglerverbandes. Da kommt dann wieder so meins durch: HK geht nicht. Also entweder ganz oder gar nicht. Halber Kram wird nicht gemacht. Da habe ich gesagt: ‚Ja, dann will ich aber auch wissen: mit welchen Aufgaben, mit welchen Rechten, mit welchen Pflichten.‘ Nach Rechten zu fragen, ging ja schon fast gar nicht. Pflichten ja, aber Rechte hatte man eigentlich nicht. Doch, man hat als Frauenbeauftragte auch Rechte. Man hat auch als Beisitzerin in einem Landesjugendsegelausschuss Rechte.
Und dann ging es relativ hoppla hopp. Ich war plötzlich nicht mehr nur als Beisitzerin für die Region Münsterland zuständig und habe einen Verein vertreten, sondern ich wurde in den Vorstand des Jugendsegelausschusses berufen und habe übrigens dann den Posten ‚Jugendobfrau‘ übernommen. Durch die Zusammenarbeit zwischen Landesseglerverbänden, Landessportbund, Deutschem Seglerverband und DOSB öffnete sich dann plötzlich ein Feld: ‚Ja, das brauchen wir ja für alles.‘ Und so wurde ich gefragt, ob ich mir als Obfrau für den Landesseglerverband bzw. als Ansprechpartnerin für den DSV auch vorstellen könnte, in den Frauenbeirat des Landessportbundes zu gehen.
Dadurch, dass ich schon Kontakt mit dem Thema Gewalt hatte – und weil der Landessportbund Nordrhein-Westfalen sehr früh das Thema Gewalt aufgegriffen hat, insbesondere sexualisierte Gewalt – war das vielleicht auch so ein bisschen in meiner Persönlichkeit angelegt. Und vielleicht auch unter dem Lebensmotto: Mädchen können alles. Ungerechtigkeiten gehen nicht. Regeln müssen befolgt werden. Da habe ich mich dann sehr engagiert. Ich war eine der Ersten, die den Mund aufgemacht hat. Viele waren erschüttert von den Ergebnissen dieser Studie, die uns da plötzlich auf dem Tisch lag, im Frauenbeirat. Aber ich war auch noch sehr jung für so ein Amt, muss man sagen. Die meisten der Frauen dort waren sehr viel älter als ich.
Ja, man hat nicht darüber gesprochen. Aber wir mussten darüber sprechen, weil Schweigen die Falschen schützt. So hieß dann ja auch unsere erste Kampagne zu diesem Thema. Und nach und nach wurde ich dann so ein bisschen das Gesicht zu diesem Thema. Wir haben alles versucht, was möglich war, um es in die Öffentlichkeit zu bringen. Denn nicht darüber zu reden, war das Falscheste, was man machen konnte.
Und ich habe gerade schon den DOSB erwähnt. Der hatte ja auch einen Frauenbeirat und suchte dann ebenfalls. Sie sagten: ‚Mensch, du kommst aus Nordrhein-Westfalen, größtes Bundesland, größter Landessportbund, und bist auch noch in einer Sportart zu Hause – kannst du nicht bei uns in den Frauenbeirat kommen?‘ Und dann ging es schnell immer so weiter.“
„Mit dem Wechsel vom reinen Vereinssport und den Funktionen auf Landesebene – sowohl im Vereinsbereich als auch im Landessportbund – und dann auch dem Wechsel in die Dachorganisationen ist mir klar geworden, wie prekär die Situation ist, was die Beteiligung von Frauen betrifft. Das ist nicht überall gleich, aber es ist ein durchgehendes Problem. Es war ja auch einfach zu sagen: ‚Na ja, dann machen wir mal einen Frauenbeirat, der kümmert sich dann um die Frauen.‘ Wir mussten uns um die Frauen kümmern, aber um Frauen kümmern heißt auch: Wir mussten auf Männer Einfluss nehmen. Die Entwicklung geht ja nicht so, dass man sagt: ‚Ab sofort müssen Frauen an die Macht und die bekommen so und so viele Positionen.‘ Auf diesen Stühlen saßen Männer – und keine Frau setzt sich bei einem Mann auf den Schoß. Die Männer mussten die Stühle also auch räumen und die Entwicklung mit begleiten.
Als wir damit begannen, haben wir zum Beispiel ein Mentoring-Programm aufgesetzt für Frauen und ein Tandemprogramm für ganz Menschen, an dem immer eine junge Frau und ein junger Mann gemeinsam teilnahmen. Wir hatten mit Walter Schneeloch einen Präsidenten, der das von der ersten Sekunde an unterstützt hat. Und ein Phänomen des Verbandssports ist ja tatsächlich: Wenn ein Präsident etwas sagt, dann hat das Gewicht. Das heißt, wir mussten auf dieser Ebene nicht kämpfen, sondern konnten mit unseren Ideen zu ihm gehen. Und wenn er sagte: ‚So machen wir das‘, dann wurde das auch umgesetzt. Ich glaube, wir hatten es in Nordrhein-Westfalen dadurch relativ einfach, diese ganze Thematik nach vorne zu bringen.
Wir haben ein Format entwickelt, das es im Landessportbund heute noch gibt: das ‚frauenpolitische Salongespräch‘. Viele haben sich über den Titel mokiert, aber wir haben immer gesagt: ‚Natürlich, wir reden über Frauenpolitik. Und natürlich sind Männer willkommen.‘ Es hat fünf oder sechs Veranstaltungen gedauert, bis die Männer auch kamen. Dort haben wir zum Beispiel ganz früh über die Quote diskutiert. Ist Quote wirklich das optimale Mittel? Bis heute streiten wir uns darüber, was sie gebracht hat. Sie hat auf jeden Fall den Druck erhöht. Und wir haben gesehen, wie sie in der Wirtschaft eingesetzt wurde – als Mittel, durch das plötzlich Frauen sichtbar wurden. Sie waren vorher auch schon da, aber wir mussten sie sichtbar machen. Ich glaube, das war und ist ein zentraler Teil unserer Strategie: Frauen sichtbar zu machen.
Eines der schönsten Beispiele findet sich wieder im Segeln – der ‚Helga-Cup‘. Den Namen kann man mögen oder nicht, aber diese Regatta ist mittlerweile die größte Frauenregatta der Welt geworden. Dort segeln Anfängerinnen mit erfahrenen Seglerinnen und Olympionikinnen zusammen in einer Regatta. Das ist einfach großartig. Aber es ist eben auch ein geschlossener Bereich: Es dürfen nur Frauen starten. Sie werden sichtbar und zeigen, dass sie segeln können. Genau darum geht es.
Genauso haben wir versucht, das auch auf gesellschaftspolitischer Ebene zu verankern, indem wir Positionen mit Frauen besetzt haben. Ich weiß noch, wie wir das erste Mal ein Programm aufsetzten mit dem Ziel, mehr Frauen in die Präsidien und Ausschüsse des Landessportbundes zu bringen. Uns wurde gesagt: ‚Das ist nicht so gut, wenn da jetzt zwei Frauen für eine Position kandidieren oder sogar eine Frau gegen einen Mann.‘ Da wurde deutlich, wie viel wir in den Köpfen noch verändern mussten. Ich habe da meinen Standardspruch: ‚Das geht nicht in einer geschlossenen Tupperschüssel, in der wir vor uns hinwurschteln und ganz tolle Sachen machen. Wir müssen raus damit, wir müssen alle mit einbeziehen und wir müssen gemeinsam darüber sprechen.‘
Das gilt auch für dieses Genderthema. Und wenn ich ‚dieses‘ sage, meine ich das nicht abwertend. Das Thema hat uns lange begleitet, weil uns schon sehr früh der Schwulenverband und auch der Lesbenverband angesprochen haben. Ich glaube, die Frauen waren sogar schneller. Sie fragten: ‚Wie ist das in unseren Sportvereinen? Müssen wir jetzt extra Schwulen- und Lesbenvereine gründen oder sind wir willkommen? Wo liegen die Probleme? Welche Situationen können entstehen, die keiner von uns haben will – weder die lesbische Frau oder der schwule Mann noch der hetero-Mensch, der ihnen gegenübersteht?‘ Das waren Momente, in denen der Sport den Verein oder Verband verlassen und die Gesellschaft erreicht hat.
Und das hat sich in den letzten Jahren verändert. Ich bin sicher, wenn ich heute ein völlig neues Thema setzen würde, müssten wir nicht mehr gegen die alten Vorurteile kämpfen. Niemand würde mehr sagen: ‚Nee, für diese drei Frauen machen wir hier keinen Aufstand‘ oder: ‚Schwule und Lesben? Darum müssen wir uns nicht kümmern, wie viele sind das denn überhaupt?‘ oder: ‚Sexualisierte Gewalt? Komm mir bloß nicht damit!‘ Ich glaube, heute würde keines dieser Themen mehr grundsätzlich infrage gestellt. Das ist eine Veränderung, die sich seit den frühen Zweitausendern tatsächlich vollzogen hat.“
„Ganz interessant ist, dass ich gestartet bin mit einer Umfrage, die ich gar nicht veranlasst hatte. Sie war im Rahmen einer neuen Kommunikationsstrategie beziehungsweise einer Veränderung des Verbandes noch von dem alten Präsidenten in Auftrag gegeben worden. Es ging darum: Wie sehen unsere Vereine, wie sehen unsere Seglerinnen und Segler den Verband? Das häufigste Wort war: traditionell, verkrustet, langsam reagierend – aber auch verlässlich. Es gab durchaus sehr gute und positive Aspekte, aber was mich am meisten beschäftigt hat, war die Kritik, dass wir im Elfenbeinturm säßen und man mit uns nicht über die Probleme vor Ort reden könnte.
Daraufhin habe ich sehr schnell mit dem neuen Präsidium ein Format entwickelt, das sich ‚Dialog vor Ort‘ nannte. Wir sind in die Regionen gefahren, und auch Vereine konnten sagen: ‚Komm mal zu uns, wir möchten mit dir über etwas reden.‘ Natürlich wäre es blöd gewesen, nur einen Verein zu besuchen, deswegen dieses Format. In Berlin waren wir bei einem Verein, dort waren 16 Vereine vor Ort. In Friedrichshafen kamen 30 Vereine. Auf der Bootsmesse in Düsseldorf waren es 50 bis 60 Vereine, weil das Ereignis, an das wir es gekoppelt hatten, ein großes war. Mit der Zeit stellten wir jedoch fest, dass immer weniger kamen. Da wurde mir klar: Sie kamen, solange sie das Gefühl hatten, sie würden nicht gehört. Als sich das änderte, haben wir das Format beendet.
Heute brauchen wir es nicht mehr, weil eine andere Atmosphäre in der Geschäftsstelle herrscht. Unsere Mitglieder wissen: Sie können anrufen, sie können fragen. Wir haben Ansprechpartner klar benannt und die Webseite neu gestaltet, sodass jeder schnell findet, was er sucht. Das hat viel verändert. Eine große Herausforderung war für mich auch, auf die Finanzen zu schauen. Aber das haben wir gemeinsam im Team zur Zufriedenheit hinbekommen. Ich hatte das Glück, ein Team zu haben, das gesagt hat: ‚Mona, das schaffen wir.‘ Und das war gut so.
Heute sage ich mit ganz viel Stolz: Das Präsidium ist paritätisch besetzt. Und zwar ohne ein Programm, ohne gezielt Frauen gesucht zu haben – allein aufgrund der Tatsache, dass ich da war. Andere haben dann gesagt: ‚Oh, das mache ich jetzt auch. Ich kandidiere auch mal.‘ Natürlich kamen die Anfragen zögerlich und bis heute werde ich gefragt: ‚Meinst du denn, ich kann das als Frau?‘ Meine Antwort: ‚Bitte nicht als Frau, aber als Expertin für dieses oder jenes – ja, unbedingt.‘
Es gab auch Stimmen, die meinten: ‚Du bist ja nur dahin gegangen, damit du deine Frauen positionieren kannst.‘ Meine Reaktion: ‚Nein, natürlich nicht. Was für ein Quatsch!‘ Mir geht es darum, die Menschen zu finden, die die Arbeit machen können. Ob grün getupft oder blau gestreift, das ist mir egal – Hauptsache, sie können etwas. So sieht es bei uns aus, und das ist eine feine Sache.
Natürlich ist es im Haus auch anders geworden. Die Atmosphäre hat sich verändert. Das hat sicherlich damit zu tun, dass Frauen insgesamt anders führen und anders agieren als Männer. Es hat aber auch viel mit den Dingen zu tun, die wir angestoßen haben – vieles davon war meine Initiative. Gleichzeitig hatte ich Menschen um mich, die sich darauf eingelassen haben. Vielleicht lag es auch daran, dass ich hier in Nordrhein-Westfalen gelernt hatte, anders mit solchen Fragen umzugehen. Für mich war es schlicht normal, Dinge neu zu denken – und das hat andere manchmal überrascht. Ich glaube, das hat sehr geholfen. Und geholfen hat sicher auch, dass ich weiß, wie Segeln geht.“
„Also um den Segelverein selbst mache ich mir keine Sorgen. Es wird immer Menschen geben, die segeln wollen, die eine Affinität zum Wasser haben und die das, was der Segelsport für sie bedeutet, auch ausüben möchten. Ich glaube, wir werden in Zukunft weniger, dafür aber größere Vereine haben, denn die Vereinsgröße wird allmählich ein Problem. Vereine werden stärker kooperieren und zusammenarbeiten müssen. Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, dass am Baldeneysee – da sind, glaube ich, 25 Vereine – abgesehen von der bereits existierenden Regattagemeinschaft auch andere Formen der Zusammenarbeit entstehen. Für einige könnte das die Überlebenschance sein. Viele Vereine in Nordrhein-Westfalen, aber auch in ganz Deutschland, sind von drei oder vier segelbegeisterten Familien gegründet worden und klein geblieben, oft mit 30 bis 40 Mitgliedern. Bei rund 80 Mitgliedern sehe ich eine Schallgrenze, und diese Vereine müssen künftig etwas tun, um wettbewerbsfähig zu bleiben – auch, weil sich die Bootsklassen verändern. Junge Leute wollen gerne olympische Boote fahren, aber die Vereine haben sie oft nicht oder können sie sich nicht leisten. Da wird man sehen müssen, wie sich das entwickelt.
Der Segler-Verband Nordrhein-Westfalen wird weiterhin bestehen, genauso wie die anderen Landes-Seglerverbände. Sie haben viele Aufgaben, die über die einzelnen Seglerinnen und Segler oder Vereine hinausgehen, zum Beispiel die Gesamtausbildung für Wettfahrtoffizielle. Natürlich gehören auch Umweltfragen dazu, die im Segelsport eine riesige Rolle spielen und in den nächsten Jahren eine enorme Herausforderung werden.
Und ich würde mir wünschen – da rüttele ich noch ein bisschen am Gitter des Deutschen Seglerverbandes – dass wir die rein ehrenamtlichen Strukturen verlassen und professionalisieren. Ohne Ehrenamt und dessen Expertise geht es nicht, das ist klar. Aber ich finde, es kann nicht sein, dass ein Ehrenamtlicher, auch wenn es Versicherungen gibt, letztlich im Ernstfall mit seinem Privatvermögen haftet. Ich sehe das ja an mir selbst. An der Uni hatte ich das Glück, einen Chef zu haben, der sagte: ‚Mach du mal, Hauptsache die Arbeit wird erledigt.‘ So hatte ich Freiheiten, ehrenamtlich zu arbeiten. Aber in vielen Bereichen geht das nicht. Oft ist das Ehrenamt ein zusätzliches ‚Add-on‘, und wenn jemand einen 38-Stunden-Job hat, vielleicht mobil arbeitet, aber dazu noch ein Ehrenamt mit erheblichem Zeitaufwand ausübt, ist das sehr viel.
Man müsste überlegen, ob es Möglichkeiten gibt, Ehrenamt finanziell abzusichern, ohne dass es ein regulärer Job wird. Zum Beispiel, indem man sagt: ‚Du reduzierst deine Arbeitsstelle, aber die Rentenzahlungen garantieren wir als Verein, als Verband bis zu der Höhe, die du mit einer vollen Stelle hättest. Dann geht nichts verloren. Das ist ein Modell, das mir schon seit Jahren vorschwebt. Ich kenne viele Menschen, die unter dem Stichwort Work-Life-Balance – oder besser Life-Work-Balance – dazu bereit wären. Viele sagen: ‚Wir kämen mit weniger Geld aus, wir sind zwei Verdienende, ich würde meine Stelle reduzieren. Aber ich habe Angst, was das für meine Rente bedeutet.‘ Diese Angst haben wir wohl alle, wenn wir uns die Diskussionen um die Rentenkassen ansehen. Aber wenn das möglich wäre, das Ehrenamt so aufzuwerten und greifbar zu machen, würde uns das helfen.
Nichtsdestotrotz sollten Vorstände hauptberuflich besetzt sein. Auch in Vereinen brauchen wir Geschäftsführer, und zumindest Verbände sollten hauptberuflich geführt werden, mit klar verteilten Verantwortlichkeiten. Das würde ich mir wünschen.
Und für den Segelsport wünsche ich mir noch etwas Besonderes. Bei uns hört es ja oft mit dem olympischen Sport auf. Wer nach einer Kampagne aussteigt, geht zurück in den Verein – aber der setzt sich nicht mehr in den Opti. Das Beispiel ist schräg, aber es macht deutlich, worum es geht. Wir haben unglaublich viele Formate in Deutschland und darüber hinaus, die wahnsinnig attraktiv für Seglerinnen und Segler sind. Darauf sollte der Deutsche Seglerverband mehr Fokus legen und sagen können: ‚Schau mal, es gibt den SailGP, es gibt den Admiral’s Cup, es gibt The Ocean Race, und vieles mehr.‘
Und was mir ganz besonders wichtig ist: Wir müssten endlich den Trainerberuf so ins System einbinden, dass er ein sozialversicherungspflichtiger Beruf ist. Niemand sollte sich schämen müssen, wenn er sagt: ‚Ich bin Trainer.‘ Wenn wir das schaffen, dann halten wir auch ganz viele Menschen im Sport.“
