

Siegfried Hoymann
*1940
Gründungsmitglied der IAKS Hall of Fame
Bereits in der Kindheit war der gebürtige Sauerländer im Sportangebot der katholischen Jugend organisiert. Ab den ausgehenden 1960er-Jahren förderte Siegfried Hoymann den Ausbau der sportlichen Infrastruktur im heutigen Lintorf.
Kurzbiografie
- Geboren 1940 in Ostwig heute Bestwig
- 1952-1959 Mitglied Agon 08 Düsseldorf
- Abschluss Realschule in Düsseldorf
- 1962 Fachabitur in Duderstadt
- 1966 Abschluss zum Diplom Verwaltungswirt
- 1968-1974 Schul-, Kultur-, Sport- und Bäderamtsleiter im Amt Angerland in Lintorf
- 1970-heute Mitglied im Turn- und Sportverein Angermund e.V. Ehrenmitglied
- 1970-heute Mitglied IAKS Köln e.V.
- 1975-2005 Schul- Sport-und Bäderamtsleiter der Stadt Ratingen
- 1989-2004 Ratsherr der Landeshauptstadt Düsseldorf
- 1991-2004 Bezirksbürgermeister Landeshautstadt
- 2000-2015 Generalsekretär IAKS International mit Sitz in Köln
Siegfried Hoymann über …
„Wir hatten eine zerbombte Stadt. Wir haben auf Trümmern gespielt. Unsere Spielwiesen waren Trümmer, und das war auch zum Teil gefährlich. Unsere Eltern legten großen Wert darauf, dass wir nicht in die Trümmer gingen. Und wie man so ist, suchte man als Jugendlicher natürlich Möglichkeiten, um Sport zu treiben. Das konnten wir dann außerhalb unseres Wohnbereichs machen. Ich bin in den Verein Argon 08 in Düsseldorf eingetreten, und dort hatte ich die Möglichkeit, hin und wieder mal in die Turnhalle an der Essener Straße zu kommen. Auch auf dem Sportplatz in Mörsenbroich konnten wir unsere Spiele austragen. Anfangs war es natürlich sehr schwierig, das kann man nicht anders sagen. Auch in der Schule gab es nur eine Turnhalle. Dort gab es 600 bis 700 Schülerinnen und Schüler, und es musste abgewogen werden, wer drankam. Wir hatten Glück, denn es gab die Münstertherme in Düsseldorf auf der Münsterstraße, das älteste Bad in Düsseldorf, mittlerweile weit über 125 Jahre alt. Dort konnten wir schwimmen lernen. Das war 1952 oder 1953. Es war eine sehr schöne Zeit, und ich muss sagen, das hat uns gutgetan. Wir gingen sogar nachmittags schwimmen. Das waren Highlights, die man erleben durfte.
Wir hatten auch große Parkanlagen in Düsseldorf – den Hofgarten, den Kolpingplatz. Dort gingen wir Kinder natürlich hin, konnten auf der Wiese sitzen, dort durfte man noch auf die Wiese gehen und ein bisschen bolzen. Das waren schöne jugendliche Erinnerungen. Hinzu kam, dass man sich in Jugendgruppen betätigte. Das war damals noch sehr verbreitet. Ich war in der katholischen Bewegung aktiv und habe in der Jugendarbeit mitgeholfen. Wir haben zu der Zeit noch unsere Häuser selbst renoviert, gestrichen und instand gesetzt. Ich erinnere mich gut daran, dass wir einen Kaplan hatten, der technisch begabt war, uns Anleitungen gab und wir ihm halfen. Das war im Grunde eine sehr schöne Jugend, die wir innerhalb der katholischen Kirche erlebt haben. Die Evangelischen machten das auf ihrer Seite genauso. Aber ich war katholisch und muss sagen: Das war eine wunderbare Jugend, die wir hatten.“
„Beim Bundesgrenzschutz stand Sport an erster Stelle. Wir hatten gute Sportanlagen in den Ausbildungsstätten. Eschwege war die Ausbildungseinheit des Bundesgrenzschutzes-Nord, und dort gab es feste Zeiten für Sport, sodass wir viel trainieren konnten. Ich habe das immer als sportlichen Auftakt empfunden, auch für meine gesamte Tätigkeit dort. Es war die Zeit der Demarkationslinie zwischen Ost- und Westdeutschland, und die Aufgaben waren auch körperlich anspruchsvoll. Man musste fit sein, und das muss ich dem Bundesgrenzschutz zugutehalten: Damals waren es nur Männer, heute sind Männer und Frauen dabei, was sehr gut ist. Der BGS hat viel für Sport und Gesundheit getan, und das sollte man auch jungen Menschen heute sagen – auf solche Erfahrungen sollte man nicht verzichten.
Wir hatten viele Spitzensportler beim BGS, die gefördert wurden und ausreichend Freizeit für Training bekamen. Einige waren im Wintersport spitzenmäßig ausgebildet und nahmen an Olympischen Spielen teil. Diese Sportförderung war eine sehr gute Einrichtung. Ich selbst war zweimal in Schönau am Watzmann, wo der BGS eine große Anlage für ganze Hundertschaften hat, inklusive Wintersportmöglichkeiten. Dort betrieben wir Skilauf, aber auch Extrembergsteigen auf den Watzmann – sogar im Winter. Ich war einmal im Sommer und einmal im Winter dort, und der Winter war deutlich härter. Die Aufstiege waren körperlich sehr anstrengend, doch fast alle hielten durch, vielleicht zwei oder drei von fünfzig nicht.
Schließlich reifte in mir der Entschluss, in den öffentlichen Dienst zu wechseln. Ich begann meine Verwaltungsausbildung bei der Stadt Düsseldorf, legte die erste und zweite Verwaltungsprüfung ab und absolvierte verschiedene Seminare und Fachausbildungen. Ich war an der Führungsakademie im Norden, besuchte die Verwaltungs- und Wirtschaftsschule in Speyer und wurde dort unter anderem im Baurecht geprüft. Trotz aller Stationen haben mich Sport und Schule immer besonders interessiert. Deshalb wurde ich später auch Schul- und Sportamtsleiter.“
„Wir waren noch im Aufbau und hatten viele Möglichkeiten, Sport zu betreiben und neue Sportanlagen zu errichten. Das war eine wichtige Aufgabe. Wenn Schulen gebaut wurden, entstanden gleichzeitig auch Sporteinheiten, und das haben wir gut geregelt. 1968 fassten wir in der Amtsvertretung den Beschluss, ein Schulzentrum in Ratingen-Lintorf zu bauen. Das war die größte Baustelle, die das Amt Angerland je gesehen hat, mit einem Volumen von 36 bis 38 Millionen Euro. Geplant wurden eine Sporthalle, zwei Großturnhallen mit den Maßen 27 x 45 Meter und weitere Hallen mit etwa 15 x 27 Metern. Diese Sportanlagen wurden direkt zusammen mit dem Schulzentrum konzipiert. Dort waren drei Schulen untergebracht: Hauptschule, Realschule und Gymnasium, alle dreizügig. Die Hauptschule existiert heute nicht mehr, die beiden anderen Schulen laufen noch. Zusätzlich wurde ein Sportplatz gebaut.
In meiner Zeit entstanden acht Freisportanlagen, allein zwischen 1970 und 1980, was einen enormen Kostenaufwand bedeutete. Außerdem wurden Hallen- und Freibäder errichtet. Bei 90.000 Einwohnern war das ein beachtliches Angebot. Das eine Bad brachten wir bereits mit in die kommunale Neuordnung ein, beide wurden später so attraktiv gestaltet, dass sie gut angenommen werden. In allen Kommunen und in der Amtsvertretung gab es eine Sportlobby, die den Amtsleiter unterstützte. Ich war einer der ersten, die einen Sportstättenentwicklungsplan für das Amt Angerland erstellten. So wurde erfasst, was überall fehlte, und wir begannen Schritt für Schritt mit dem Ausbau.
In der Politik gab es Menschen, die sagten: ‘Wir müssen jetzt etwas machen.’ Auch die Vereine machten Druck. In den 1970er-Jahren entstanden viele neue Vereine, etwa in Breitscheid, Lintorf und Ratingen. Verwaltung, Politik und Vereine arbeiteten im Konsens, und dank der guten finanziellen Lage konnten wir viele Projekte umsetzen. Ich glaube, nie wurden so viele Sportstätten gebaut wie zwischen 1970 und 1990. Danach ging es nur noch um Sanierungen.
Wir leisteten nicht nur in Ratingen, sondern in ganz Nordrhein-Westfalen viel für den Sportstättenbau. Das Land unterstützte die Maßnahmen stets. Ein Regierungsschuldirektor, Wilhelm Schmitz, hatte viel Sachverstand, verfolgte die Entwicklung positiv und war immer vor Ort, wenn etwas anstand. Das waren gute Zeiten, die ich heute vermisse. Wir hatten enge Kontakte zum Landessportbund und zum Land NRW. Über den Regierungspräsidenten Düsseldorf konnten wir viele Aktivitäten vorantreiben und fanden immer ein offenes Ohr für unsere Anliegen. Früher wurden Projekte entwickelt, vorgestellt und anschließend von der Bezirksregierung und dem Land NRW bezuschusst. Das war eine sehr gute Lösung. In dieser Zeit konnten wir viele Schul- und Sportstättenbauprojekte miteinander verbinden und erfolgreich umsetzen.“
„Ratingen ist die finanzstärkste Gemeinde im Kreis Mettmann und auch flächenmäßig sehr gut angebunden. Es gibt sämtliche Autobahnen: die A3, die A44 und die A52. Die Verkehrsanbindung an Düsseldorf und die Nähe zu Duisburg sind hervorragend. Gegen den Flughafen wurde früher oft demonstriert, heute wird er als Standortvorteil beworben. Zudem wurde seinerzeit ein großes Gewerbegebiet ausgewiesen. Dort entstand zu meiner Zeit eine große Bezirkssportanlage, dazu eine Sporthalle mit 700 bis 800 Zuschauerplätzen und eine darunterliegende Schießsportanlage, die sehr schön und stark frequentiert ist. Gebaut wurde sie am Rand von Ratingen-West, einem Stadtteil mit rund 25.000 Einwohnern. Auch eine große Tennisanlage entstand dort, was für Ratingen ein deutlicher Gewinn war. Wir haben darüber hinaus weitere große Bezirkssportanlagen geschaffen. Mein letzter großer Beitrag war das Stadion, das 2002 neu gestaltet wurde. Es bekam neue Tribünen, eine moderne Laufbahn, einen überarbeiteten Sportplatz und Lärmschutz zu den angrenzenden Wohngebieten. Die Anlage wird bis heute sehr gut genutzt.
Auch die Eissporthalle in Ratingen-West entstand in dieser Zeit. An sie grenzen mehrere Einkaufszentren, was sich als interessante Kombination erwiesen hat. Die Halle wird stark besucht. Insgesamt kann man sagen, dass Ratingen über eine sehr gute Sportinfrastruktur verfügt. Fast alle Sportarten sind vertreten. Jeder Stadtteil hat eigene stadtbezogene Sportfreianlagen, die gut genutzt werden. Die Vereine sind leistungsfähig und engagiert. Besonders der Tennissport ist stark vertreten. Um 1990 erstellten wir einen Tennisplan und stellten fest, dass wir in Ratingen nahezu alle Sportarten abdecken. Es gibt zwei Golfanlagen, die ebenfalls stark frequentiert sind. Auf einer wurde auch Breitensport integriert. Damals bei der Genehmigung sagten wir: ‘Ihr müsst hier auch mal Golf für jedermann anbieten.’ Das wurde umgesetzt und hat gut funktioniert.
Ich habe selbst viel gelernt, etwa bei der IAKS, bei Professor Roßkamp und durch den Austausch mit internationalen Verbänden, die innerhalb der IAKS tätig waren. Dieses Wissen konnte ich später in meiner täglichen Arbeit und auch in meiner politischen Tätigkeit in Düsseldorf einbringen. Dort war ich Stadtrat und Bezirksbürgermeister im Düsseldorfer Norden. So konnte ich auch dort meine Erfahrungen vertreten. Im Düsseldorfer Norden entstanden sehr gute Sportanlagen. Die Ortsteile bekamen ihre Sportplätze, Sporthallen und moderne Einrichtungen. Vor kurzem kam noch eine Sporthalle an einer Grundschule hinzu. Ich bin überzeugt, dass wir sportlich sowohl in Ratingen als auch im Düsseldorfer Norden sehr gut aufgestellt sind.“
„Wenn ich heute im fortgeschrittenen Alter feststelle, was ich miterlebt habe, nach dem Krieg die Zeit, dann war das für Jugendliche, Mädels oder Jungs, schwer. Wir haben aber das Beste daraus gemacht. Es ist wirklich eine Republik entstanden, die sich sehen lassen kann. Wir haben eine wehrhafte Demokratie. Ich kann sagen, auch im Laufe der Jahrzehnte, wenn ich jetzt den Sport und die Schule nehme, haben wir eine Entwicklung in Deutschland miterlebt, die sich kontinuierlich zum Guten weiterentwickelt hat. Und ich bin heute dankbar und froh, dass ich in dieser Republik leben durfte.
Wir müssen für die Zukunft den Sport wieder nach vorne bringen. Wir müssen wieder mehr für den Sport tun. Die Sportstätten, die wir in den 60er, 70er, 80er und 90er Jahren geschaffen haben, müssen heute saniert werden. Deshalb halte ich das Sanierungspaket des Bundes, das im Moment auf dem Weg ist, für sehr gut, weil es die Infrastruktur in den einzelnen Städten verbessert. Das Geld dafür einzusetzen, um die Sportstätten, die ich für äußerst wichtig halte, zu ertüchtigen, ist richtig. Das muss wieder in den Fokus rücken. In den letzten zehn Jahren, vielleicht sogar länger, ist das versäumt worden. Wir haben einen riesigen Sanierungsstau im Sport, und dem sollte man jetzt mit aller Schnelligkeit begegnen.“