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Ferdinand Tillmann

*1932
Vorsitzender des Sportausschusses des Bundestages und langjähriger Präsident des Nordrhein-Westfälischen Bob- und Schlittensportverbandes

Nach seinem Studium und der Übernahme des elterlichen Betriebes zog es Ferdinand Tillmann in die Politik. Für sechs Wahlperioden war der CDU-Mann Mitglied des Deutschen Bundestages und diente als Vorsitzender des Sportausschusses. In Winterberg setzte er sich aktiv für die Errichtung der Kunsteisbahn ein.

Kurzbiografie

  • Geboren 1932 in Sundern-Dornholthausen
  • 1952-1956 Studium zum Diplom-Kaufmann an der Universität Frankfurt am Main und Universität zu Köln
  • Ab 1956 Arbeit und später Übernahme des elterlichen Betriebes, der Tillmann Profil GmbH in Sundern
  • 1972-1994 Mitglied des Deutschen Bundestages
  • 1979 Bundesverdienstkreuz 1. Klasse
  • 1980-1994 Vorsitzender des Sportausschusses des Bundestages
  • 1984-2008 Vizepräsident des Deutschen Bob- und Schlittensportverbandes
  • 1994-2000 Vorsitzender des Kreissportbundes im Hochsauerlandkreis; Langjähriger Präsident des Nordrhein-Westfälischen Bob- und Schlittensportverbandes

Ferdinand Tillmann über …

… Kindheitserinnerungen zum Fußball im Sauerland

„Da ich meinen Lebensmittelpunkt ja wieder in meinen Geburtsort verlegt hatte, habe ich mich dann mehr für meinen Heimatverein interessiert und weniger für die Vereine in Arnsberg. Da war Arnsberg 09, da war der Turnverein in Arnsberg. Aber das war für mich nicht attraktiv, weil ich auch mittags nach der Schulzeit in den Bus zu steigen hatte, um nach Hause zu kommen, sodass es keine Gelegenheit gab, in Arnsberg Vereinssport zu betreiben.
Mein Heimatverein war ein typischer Dorffußballverein. Ich habe da aber im Fußball nicht reüssiert. Es gab einen humorvollen Schulkameraden, der gemeint hätte: Ich hätte die besten Kerzen geschossen, im ganzen Verein. Also meine Leistungen dort waren nicht so gewaltig und ich musste froh sein, in der Reserve auflaufen zu dürfen.
Die Spiele der ersten Mannschaft zu verfolgen, das war für uns wichtig. Auch, dass die erste Mannschaft in der ihr zustehenden Klasse war.
Damals war, glaube ich, mehr Interesse der Einwohner am Sportverein vorhanden, als das heute der Fall ist. Es sei denn, es sind heute Spiele mit dem Nachbarverein. Da kommen von draußen viele Zuschauer mit, aber das hat sich nicht verschlechtert die Situation, was die Zuschauerzahlen angeht. Es war auch noch mehr bäuerliche Bevölkerung damals auf dem Land. Die hatten im Sommer anderes zu tun. Wenn das Wetter entsprechenden war, muss man auch sonntags aufs Feld oder musste Heu machen. Wenn das Gewitter drohte, dann geht man dann nicht erst mal zum Fußball und dann aufs Feld, sondern es war umgekehrt.“

… Bau und Finanzierung der Kunsteisbahn in Winterberg

Dieser Zuschlag für Winterberg war ja nur ein erster Schritt auf dem Weg zu einer neuen Bahn. Die abenteuerliche Baugeschichte, die es dann später gegeben hat, da kann man auch Bücher darüber schreiben. Aber Winterberg hatte insofern auch keine unerheblichen Chancen, weil die erste Winterberger Bobbahn ja schon 1910 gebaut worden ist. Damals wurde aber noch 5er-Bob gefahren und Rodeln und Skeleton spielen überhaupt noch keine Rolle. Also gab es in Winterberg ein Gefühl dafür, dass man hier oben Wintersport und vor allen Dingen, diesen attraktiven Bobsport betreiben kann, weil man es auch bewiesen hatte. Diese Bahn ist, glaube ich, auch ziemlich viel in ehrenamtlicher Knochenarbeit gebaut wurden – aber sie hat funktioniert. Und deswegen konnte sich Winterberg, auch der zuständige Verein, den es dort auch heute noch gibt, auf diese Tradition berufen, bei den Argumenten im deutschen Verband. So kam es dann zu dem Verbandsbeschluss Winterberg.
Und jetzt ging es ums Geld, und da mussten die Abgeordneten tätig werden. Und so bin ich eigentlich über die Politik, über die Abgeordnetentätigkeit zum Ehrenamt in diesem Bereich gekommen, weil man der Auffassung war, wer da Beziehungen hat, der sollte auch hier bei uns eine Rolle spielen, im Verein, und dem Verband.
Die Landesregierung war zunächst sehr zurückhaltend, aber der zuständige Sportdezernent in der Landesregierung war ein gewisser Eulering. Mit dem haben wir uns dann mal in der westfälischen Vertretung in Bonn getroffen und haben auf ihn eingeredet und versucht ihm klarzumachen, dass das sein müsse. Und wir haben sehr lange diese Kontakte nach Düsseldorf hin gepflegt. Und eines Tages war er es so leid – darf ich mal so ausdrücken, er sagt: ‚Gut, wenn es nicht mehr als 10 Millionen DM kostet, dann bin ich damit einverstanden.‘
Die Kostenverteilung war auch jeweils ein Drittel, ein Drittel, ein Drittel. Die Kommune ein Drittel, Land ein Drittel, Bund 10 Millionen. Dann hätte es nicht mehr als 30 Millionen DM kosten dürfen.  Wie es dann hinterher ausgegangen ist, das ist eine andere Frage. Aber damit war eine Zusage im Raum mit, der man etwas anfangen konnte. Und dann sind die Verhandlungen mit dem Bund auch relativ problemlos verlaufen.“

… Resonanz und Auswirkungen der Bobbahn in Winterberg

„Die Sportstätte wurde wirklich angenommen, nicht nur von den Sportlern, die sind ja im Verhältnis zu den Kosten der Bahn relativ gering. Aber die Zuschauer, sie sind regelrecht hingeströmt zu den Veranstaltungen.
Man hat ja auch Sponsoren gefunden, die sich die Fernsehwirksamkeit dieser Sportart auch zunutze gemacht haben. Nicht nur die Sponsoren sind gefunden worden, sondern auch die beteiligten Städte und die Gemeinden, die Kommunen. Denn die Fernsehminuten mit Winterberg im Hintergrund hätte man sich sicherlich nicht für das Geld kaufen können, was jetzt letztendlich für die Sportstätte auch geflossen ist. Sofern wird das heute auch noch in den zuständigen kommunalen Gremien diskutiert. Sie können sich vorstellen, dass, wenn die Zuschusskosten bei den Haushaltsplanungen zur Debatte stehen, dass es dann auch kritische Anmeldungen gibt. Aber insgesamt gesehen glaube ich, auch als ehemaliger Ehrenamtlicher, dass dieses Engagement sich gelohnt hat. Auch im Hinblick auf die Erfolge bei den Olympischen Spielen.
Was man auch immer von den Spielen in Peking halten mag. Der Deutsche Bob- und Schlittensportverband, wie er seinerzeit hieß, samt seiner Athleten und Athletinnen hat sich wirklich gut geschlagen. Man könnte sagen, sie haben optimale Möglichkeiten des Trainings auf ihren Bahnen. Aber das allein reicht ja nicht. Das gehört wie der Sportler selbst dazu, mit seiner Hingabe, mit seinem Trainingsfleiß und mit seinem Bob und beim Rodeln und Skeleton auch noch mit seiner Gerätepflege, das wird ja auch nicht nur von Hilfswilligen gemacht, sondern da gehen die Sportler ja selbst zu Werke.“

… die Rolle von Sponsoring in Winterberg

„Also ich glaube schon, dass das Unternehmen Veltins, der Vertrieb dort und die Geschäftsleitung genau gewusst hatten, dass es eine attraktive Investition ist in Winterberg. Aber darüber hinaus hatte ich damals ein sehr gutes Verhältnis zu Frau Veltins, die dann später leider sehr früh verstorben ist. Es mögen auch durchaus persönliche Dinge, und die freundschaftlichen Verhältnisse, die es untereinander gab, da eine Rolle gespielt haben. Wenn die Chemie nicht stimmt, dann kann das Geld auch nicht helfen.
Das ist ja auch nicht der einzige Sponsor, der dort mit dem Boot ist. Aber Veltins hat sich in der Folge des Engagements in Winterberg, ja auch in anderen Sportarten im Wintersport stark engagiert.
Warum auch nicht? Sie nehmen keinen Einfluss auf den Sport. Weder auf das Training oder die Behandlung der Athleten, noch auf die Ergebnisse. Und Bier – ja gut, der Alkohol und Sportwerbung ist immer ein Problem. Aber der echte Sauerländer ist ja der Auffassung, dass Bier überhaupt kein Alkohol ist.
In der Anfangszeit war da schon eine Überzeugungsarbeit erforderlich. Nun ist aber jetzt eine Situation glaube ich, in der man nicht inflationär alle Bänke mit jedwedem Sponsor bestücken kann. Ich glaube, Sponsoren legen auch auf eine gewisse Exklusivität einen Wert. Ob da noch mehr herauszuholen ist, wird ein guter Vereinsvorsitzender immer wieder prüfen müssen. Aber so, wie das im Augenblick in Winterberg läuft, wo auch andere sich dann später ein Beispiel daran genommen haben. Auch andere Brauereien an anderen Sportstätten. Wenn ich die Skisprungschanzen sehe, wie die auch zugepflastert sind. Gut, der Sport braucht Geld, sonst kann er nicht betrieben werden.
Die finanziellen Verhandlungen sind ausschließlich von den Eigentümern der Bahn geführt worden, nicht von Verbänden. Dass solche freundschaftlichen Verhältnisse dabei eine Rolle spielen könnten, das schließe ich gar nicht aus. Aber da wären wir, glaube ich als Verband auf einer falschen Ebene. Gut, beim Fußball und anderen Verbänden möge das anders funktionieren. Aber wir waren wirklich ein Verband, bei uns war kein Geld zu verdienen, im Ehrenamt sowieso nicht.“

… die Folgen der Wiedervereinigung für den Bobsport

„Die Wiedervereinigung war für uns, wie niemand bestreiten würde, ein ungeheurer Glücksfall. Auch ein Tag, den man sicher nie vergessen wird.
Für den Bob- und Rodelsport war es aber ein Problem. Wir bekamen sozusagen ein Danaergeschenk, was wir da gereicht bekamen. Jetzt hatte Deutschland vier Bahnen und jeder wollte natürlich seine Bahn noch behalten. Die Oberhofer wollten jetzt sogar eine komplette Bobbahn ausgebaut bekommen. Altenberg war ohnehin schon zweimal gebaut worden, wie man weiß und auch kürzlich im Fernsehen zu Gesicht bekommen hat.
Das waren ernsthafte Fragen, die auch damals gestellt wurden: ‚Welche Bahn wollt ihr denn jetzt aufgeben?‘ Nehmen wir der DDR eine Bahn weg? Dann haben Sie wieder die Diskussion über die Ossi-Frage. Oder die Westler sollen die das? Wer den dann? Die Bayern oder Nordrhein-Westfalen?
Ich habe mich dafür eingesetzt, bei allen Folgen, die das auch finanziell haben könnte, es bei dem zu lassen, was man hat. Und das hat sich nach meinem Dafürhalten auch bewährt. Siehe das Ergebnis der Olympischen Spiele.
Derjenige, der das gefordert hätte, hätte ja dann mit Schusswesten nach Thüringen oder Sachsen oder Bayern fahren müssen. Man konnte ja nicht sagen: ‚Macht eine Bahn zu.‘ Man hätte dann ja konkret werden müssen.“

Willensbildung um den Bau der Bobbahn in Winterberg

Erhöhte Baukosten und Konstruktionsfehler

Beweggründe für ehrenamtliches Engagement im Bobsport

Exponat: Ehrengabe des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland


Hier finden Sie in Kürze das vollständige Interview im PDF-Format: