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Horst Meyer

Horst Meyer

Horst Meyer

*1953
Abteilungs- und Projektleiter Großsportanlagen und Sport-Events im Sportamt der Stadt Köln

Über 20 Jahre arbeitete Horst Meyer im Sportamt der Stadt Köln. Als Leiter der Abteilungen für Großsportanlagen und Events war er an einer dreistelligen Zahl an Veranstaltungsbewerbungen beteiligt, um eine Fülle von inter- und nationalen Spitzensportereignissen am Dom zu beherbergen.

Kurzbiografie

  • Geboren 1953 in Aachen
  • Ausbildung und Studium bei der Stadt Köln – Abschluss Diplomveraltungswirt
  • Aktiver Handballspieler bei ESV Olympia Köln, FC Pesch, HV Erftstadt
  • Sportamt Stadt Köln- Leiter der Abteilungen für Großsportanlagen und Events
  • WM-Beauftragter und Leiter des Sportamtes der Stadt Köln
    Fußball WM 2006, Handball WM 2007 u. 2019, Eishockey WM 2001, 2010 u. 2017, Ruder WM 1998, EHF Championsleague FINAL4 2010 – 2019, DFB-Pokalfinale der Frauen 2010 – 2019, Olympiawerbung Rhein-Ruhr 2012
  • Mitglied im Expertengremium für das nationale Strategiekonzept für Sportgroßveranstaltungen
  • Selbstständige Tätigkeit im Bereich Projektberatung und -Management – Kompetenz Team Meyer

    Horst Meyer über …

    • … seine (sportlichen) Wurzeln in Köln

      „Ich bin anfangs ein Vagabundenkind gewesen, mein Vater war Zöllner. Geboren bin ich in Aachen, aber da war nur das Krankenhaus. In Wahrheit haben wir am letzten Haus vor der holländischen Grenze gewohnt, weil mein Vater dort am Schlagbaum tatsächlich den Zöllnerdienst tat, wie es früher so üblich war, mit Kaffee-Schmugglern et cetera. Die nächste Station war dann eine längere. Dann war mein Vater am Flughafen Köln-Wahn eingesetzt und wir wohnten in Porz. Daraus entstand für mich eine enge Verbindung zum Rheingewässer. Dort habe ich so den ersten Teil meiner Kindheit, bis ich elf Jahre alt war, verbracht. Dort war das Thema Sport noch nicht das große, außer dass man das natürlich in der Schule und auch in AGs machte. Nach dem Umzug nach Köln Nippes, das war die nächste Station meines Vaters, ergab sich eine Begegnung bei einem Schullandaufenthalt in den in den Sommerferien, denn einer der Betreuer war der damalige Handball-Nationaltorhüter Helmut Duell, der dann in der Folge mein Ziehvater wurde. Vielleicht, weil er bei den sportlichen Übungen ein gewisses Talent oder Motivation gesehen hat. Auf jeden Fall hat er mich sofort nach diesem Aufenthalt in den ESV Olympia geholt, seinen Stammverein, der damals noch eine Top-Adresse in Köln im Handballsport gewesen ist. Und dort habe ich eben auch den größten Teil meiner Handball-Zeit verbracht und es dort eben auch entsprechend in die Jugendauswahl und die 2. Bundesliga gebracht und dort gespielt. Irgendwann stand die Entscheidung im Raum – man konnte zu der Zeit noch nicht vom Handballsport leben. Dann war die Frage, machst du jetzt Handball und studierst du? Eigentlich wollte ich Lehrer werden.
      Aber da ich kein Abitur hatte, bin ich den Weg gegangen, ein Verwaltungspraktikum bei der Stadt Köln zu absolvieren. Da bin ich mit 15 Jahren eingestiegen, hatte aber immer noch Kontakt zu Helmut Duell, der damals schon bei Phoenix Essen spielte. Ich habe die zwei Jahre Ausbildung bei der Stadt gemacht, in der Zeit habe ich dann erstmals auch Kontakt zu Geld bekommen. Als Auszubildender bekam ich damals 50 DM. Meine Söhne lachen heute darüber, wenn ich diese Geschichten erzähle.

      Aber es blieb immer noch der Kontakt zum Handball, ich spielte immer noch in Nippes beim ESV Olympia. Helmut war in der Zeit in Essen und versuchte mich immer nach Essen zu holen. Ich war dann dort auch einige Male zum Probetraining, habe mich dann aber dazu entschieden, den festen Job zu nehmen und bei der Stadt Köln mein Studium zu machen und dort meinen Weg zu gehen. Ich habe dann in verschiedenen Vereinen weiter Handball gespielt. Habe dann irgendwann ja drei Kinder bekommen, darunter auch Zwillingsbuben. Ab einem Alter von fünf Jahren habe ich die Kinder zum Handball spielen und zum Training gebracht. Sie wurden dort spielerisch von einer Sportlehrerin trainiert, die sich aber partout nicht an Handball-Regeln gewöhnen wollte. Sie wollte mit den Kindern kein Handball trainieren, sie wollte sie nur bewegen. Und dann entschied der Verein, wir holen uns einen Trainer. Dann sagte ich: ‚Da ich ja sowieso in der Halle bin und die Zwei bringe und gucke und fahre, dann kann ich Sie auch trainieren.‘ Am Ende ist es eine wunderschöne Zeit geworden. Vom fünften Lebensjahr bis zum 18. habe ich diese Mannschaft trainiert und durch Zuzug aus den Ostgebieten haben wir zwei polnische Junioren-Nationalspieler dazu bekommen. Wir haben nachher dann eine Mannschaft in der B und A-Jugend gehabt, die eben auch in derselben Klasse mit Gummersbach, Dormagen und allen Beteiligten um die westdeutsche Meisterschaft spielt.“

    • … die Politik hinter der Sportstadt Köln

      „Wir haben zu der Zeit das große Glück gehabt, dass wir im Sportausschuss von einer Sportfraktion Sprachen, also über die Grenzen einzelner Parteien und einzelner Fraktionen hinaus, verstanden sich die Mitglieder des Sportausschusses als Vertreter des Sports. Aus diesem Grund waren sie auch empfänglich für entsprechende Vorlagen, in denen wir uns als Sportstadt Köln positionieren konnten. Es hilft nicht, sich selber nur Sportstadt zu nennen. Dann muss man auch ganz gewisse Schritte gehen. Und dazu gehören sicherlich auch größere Sportveranstaltungen in einer Millionenstadt. Es geht nicht anders.
      Es war in der Anfangsphase leichter, als es dann die letzten Jahre zum Beispiel war. Wo die Diskussionen wirklich aufkamen: ‚Brauchen wir das? Packen wir das Geld nicht lieber in einen Kindergarten?‘ Das sind immer Totschlagargumente.
      Also wenn ich ein Beispiel nennen darf – Fußball-Weltmeisterschaft 2006, dort haben wir in für Köln Verkehrsmaßnahmen in einem Volumen von über 60 Millionen Euro akquiriert. Die Weltmeisterschaft selber hat Köln etwas über 4 Millionen gekostet, als nur um das mal ein bisschen abzuwägen. Bei den Kosten habe ich jetzt noch nicht die Einnahmen abgezogen, die man durch Umsatzsteigerungen in der Gastronomie und Hotellerie und sonst so hatte.
      Also da war es schon schwieriger, in der späteren Phase den politischen Bereich zu überzeugen, dass das Ganze Sinn macht. Man sieht ja auch heute, wie schwer es der Bundesrepublik fiel, eine Struktur aufzubauen, um eine erfolgreiche Olympia-Bewerbung zu machen. Man kriegt das heute nur noch mit einer breiten Zustimmung in der Bevölkerung. Und daran muss man arbeiten, sehr früh. Das sind leider die Fehler, die man dann auch in Hamburg, Berlin und München gemacht hat.“

    • … die öffentliche Wahrnehmung in Köln um die Ruder-WM 1998

      „Die ersten Bewerbungen, die wir verloren haben, da wurden Summen investiert, die sind mit heutigen Bewerbungen nicht vergleichbar. Wir hatten nicht einen modernen Film oder eine Präsentation, sondern wir hatten noch ein gedrucktes Heftchen für jeden Delegierten. Das Ganze wurde dann vor der Delegiertenversammlung präsentiert. Das ist nicht vergleichbar mit dem, was heutzutage in einem Bewerbungsverfahren bereits an Aufwand und an Studien betrieben wird, die natürlich alle richtig Geld kosten.
      Und deswegen selbst mit dem zweiten Versuch in Cincinnati, wo wir dann schon den Film hatten, waren das alles noch erträgliche Summen, die im Beginn eines sechsstelligen Betrags waren. Heute sieht man Bewerbungen im dicken siebenstelligen Bereich.
      Aber es war sicherlich der Ausgangspunkt, die Kölner auch mitzunehmen auf so einem Weg. Wir haben gesehen, dass selbst in der Bauphase, als am Fühlinger See die Brücken und Wege hochgelegt wurden, täglich Tausende Menschen da waren, die sich dieses Spiel anguckten, wie das wächst und vorangeht und das auch sehr willkommen genommen haben, als es dann nachher fertig war. Das war für uns auch so ein großer Antrieb, damit etwas zu schaffen, was die Kölner Bevölkerung auch auf Dauer hat und nicht nur den Ruderevent.
      Die Weltmeisterschaft selber ist in einer einzigartigen Form von den Kölner Medien und von den Kölnern Unternehmen aufgenommen worden. Selbst bei den Baumaßnahmen war alle paar Tage mindestens ein Kamerateam vom WDR oder von der Lokalzeit. Also es wurde in einer Art wahrgenommen, das war schon unwahrscheinlich.
      Heute sieht man Fußball Champions League, Fußball Euroleague, Fußball-Bundesliga, jeden Abend ist Fußball. Damals gab es diese Mengen im Sport noch nicht. Und das in Köln so etwas passiert, hat die Kölner Bevölkerung auch wahrgenommen und mitgenommen. Und das war auch ein Grund, dass in den Annalen des Weltruderverbandes Köln immer noch als die bestorganisierte Ruder-WM aller Zeiten gilt. Da sind wir auch ziemlich stolz darauf. Wir hatten jetzt nicht die Chance, eine völlig neue Bahn zu bauen, sondern wir mussten mit dem, was wir hatten, auskommen. Wir konnten es verfeinern und verbessern. Das hatte natürlich auch noch mal ein einen riesen Schub für die Kölner Rudervereine gegeben, denn das Ruder- und Kanuzentrum am Fühlinger See wurde natürlich für die Weltmeisterschaft erweitert und ausgebaut. Es kam ein Kraftraum dazu, es gab zusätzliche Umkleideräume, Massageräume und so weiter.
      Deswegen sehe ich es heute so ein bisschen mit Kummer, dass nach dem Ausscheiden von Hans-Georg Röhrig dieser Wunsch nach Internationalität nicht mehr so ganz in den Wassersportverbänden in Köln vorhanden ist und kaum eine Chance besteht, so etwas hierher zu holen.
      25 Jahre danach braucht man einen Finanzschub, um das, was in die Jahre gekommen ist, technisch zu aktualisieren. Damals saßen auf einer Treppe noch ehrwürdige, ergraute Menschen und stoppten die Uhr, wenn die Ruderer über die Ziellinie kamen. Heute geht das alles digital mit entsprechenden Zielkameras. Das fehlt noch ein bisschen an der Anlage, um sie wieder wettbewerbsfähig zu machen.“

    • … infrastrukturelle Folgen der WM 2006

      „Das hat zunächst einmal auch den Verantwortlichen in dieser Stadt gezeigt, dass es nicht immer nur München oder Berlin sein muss. Auch andere Städte haben eine Chance, sich zu bewerben und sich auf dem Weltmarkt zu präsentieren. Im Jahr danach war ja schon Handball-Weltmeisterschaft, wo wir es etwas leichter hatten in der Umsetzung dieser Dinge und der entsprechenden Ratsvorlagen, um das Ganze auch in die Genehmigungsverfahren zu bekommen.
      Also das Rudern 1998 war wirklich ein Stück der Vorreiter, aber es kam dann natürlich in einer großen Dimension das Thema Fußball.
      Also eine kleine Anekdote: Ganz viele Autofahrer, die aus dem Westen nach Köln hinein kommen, nutzen den Park and Ride Parkplatz zwischen Königsdorf und Köln-Weiden. Der ist das Ergebnis der Fußball-Weltmeisterschaft. Das dann die Straßenbahnen bis zu diesem Parkplatz geführt wurden, die früher nur bis Müngersdorf fuhren, ist auch das Ergebnis der Fußball-Weltmeisterschaft. Die Verbreiterung der Autobahn 3 im rechtsrheinischen Gebiet ist auch Ergebnis der Fußball-Weltmeisterschaft. Die Gelder wären sonst irgendwo in Projekte in den Osten der Republik gegangen. Durch die Fußball-Weltmeisterschaft wurden sie aber dahin gelenkt, wo die Strukturen der WM-Städte waren. Also da ist eine Menge in dieser Stadt passiert, was die meisten bis heute gar nicht wissen, dass es zu diesem Thema zurückzuführen ist.“

    • … Rhein-Ruhr 2012 – das schwarze Schaf im Leben des Horst Meyer

      „Die Olympia-Bewerbung Rhein Ruhr für die Olympischen Spiele 2012 ist das schwarze Schaf in meiner Biografie. Das habe ich nicht geschafft. Aber das konnte auch keiner schaffen, nachdem Otto Schily sich für das Cellospiel aus Leipzig entschieden hat und damit aber auch die Chance aufgegeben hat, dass Deutschland sich international durchsetzen konnte. Da gibt es eine wunderschöne Geschichte. Es gab hier einen nationalen Wettbewerb mit fünf deutschen Bewerbungen. Das waren Hamburg, Rhein-Ruhr, Stuttgart, Frankfurt und Leipzig. Die Präsentation erfolgte dann im Fernsehen, aber auch groß und live in den jeweiligen Städten. Wir hatten uns dazu entschieden, dass es eine Präsentationsbühne auf der Königsallee in Düsseldorf gibt. Der Düsseldorfer Oberbürgermeister als Vorsitzender unseres Organisationskomitees musste aber zur Entscheidung nach München. Und dann war die Frage, wer geht denn jetzt auf die Bühne? Wer vertritt den Rhein-Ruhr? Und dann kam der Wunsch an den Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma. Wir saßen in seinem Büro, es gab dann Stimmen, die sagten: ‚Lieber Fritz, du kannst nicht nach Düsseldorf fahren, die pfeifen dich gnadenlos aus.‘ Wir haben dann einen Bus von Horst Lichter bekommen und haben da die Höhner und den Oberbürgermeister Schramma und unser Team reingepackt und sind nach Düsseldorf gefahren. Schramma ist dann – bis zum Negativvotum gemeinsam mit den Höhnern gefeiert worden. Also die Düsseldorfer waren da sehr offen.
      Es ist ein Moment in meinem Leben gewesen, den ich dann so noch nie erlebt habe, als das Los gezogen wurde und Rhein-Ruhr war raus. Hunderttausend Menschen standen vor der Bühne, es war totenstill. Die Leute standen mit gesenktem Kopf da, sie gingen still nach Hause. Unvorstellbar, diese Ruhe in dieser Sekunde. So etwas habe ich vorher nur einmal erlebt, als Franz Beckenbauer in seiner Reise für die Fußball-WM im Kölner Gürzenich vor 1000 geladenen Gästen erschienen ist– ein riesen Gemurmel im Saal und plötzlich erschien Beckenbauer wie ein Sonnengott in der Tür. Man hätte wirklich eine Stecknadel fallen hören können. Solche Momente gibt es manchmal gerade im Sportleben.
      Zurück zur Entscheidung. Schließlich waren wir raus. Es war aus unserer Sicht immer klar, es gibt einen Zweikampf zwischen Hamburg und Rhein-Ruhr, das dann plötzlich Leipzig gewinnt, damit hatte keiner gerechnet. Die beste Bewerbung hatte zweifelsohne Hamburg. Das war die Schönste und Attraktivste. Rhein-Ruhr hatte die nachhaltigste, weil das meiste schon vorhanden war. Deswegen war aus unserer Sicht eigentlich klar, dass zwischen diesen beiden gewählt wird.

      Ich behaupte bis heute noch, wenn es zu dieser Bewerbung und den weiteren Verlauf gekommen wäre, hätten wir am Ende vor einer Situation gestanden, dass es nur noch eine Stadt Ruhrgebiet gibt, wie man sie auch nennen will. Und dass diese ganzen Strukturen dort verschwinden.
      Also meine Schwiegereltern wohnen in Castrop-Rauxel, das ist aber nur der linke Bürgersteig. Gehe ich über die Straße auf die andere Seite, dann bin ich in Dortmund. Und wenn ich um die Ecke gehen, bin ich in Herne. Für mich ist es dort auch heute noch immer schwer zurechtzufinden.
      In der damaligen Arbeitsgruppe, die unter der Führung des Oberbürgermeisters aus Essen stand, wurde sehr zielgerichtet gearbeitet, ohne persönliche Animositäten, ohne Eifersüchteleien. Denn man ist hingegangen und hat 46 Städte und Kreise zusammengeführt, also auch der kleine Kreis Mettmann, der natürlich keine Sportstätte hatte, er hat aber ein Hotel, der war mit dem Paket, weil da wäre eine Mannschaft hingekommen. Und so hat man in dieser Region alle mitgenommen, anders als es in der jetzigen Bewerbung Rhein-Ruhr war. Entschuldigen Sie meine Kritik. Diese Bewerbung hat man minimiert auf elf oder zwölf, da habe ich von vornherein schon 35 draußen vor, die sind nicht dabei. Und warum sollen die ihre Bürger motivieren und mitnehmen? Wie will ich dann auf eine Zustimmung von 70 Prozent oder mehr kommen, um es durchzusetzen? Das war einer der großen Kritikpunkte, die ich an dieser Bewerbung habe.“

    Bewerbung Kölns für die WM 2006

    Public Viewing als Novum

    Köln – Standort des DFB-Pokalfinales der Frauen


    Hier finden Sie in Kürze das vollständige Interview im PDF-Format:

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    Petra Kremer / Tina Kehrenberg

    Petra Kremer / Tina Kehrenberg

    Petra Kremer und Martina Kehrenberg

    *1966
    Basketball-Nationalspielerinnen des Wuppertal-Barmer TV 1846

    Die Zwillinge Pit und Tina führten ihren Barmer TV in den 1990er Jahren serienweise zum nationalen Double und zum bisher einzigen deutschen Sieg im Europapokal der Landesmeisterinnen. Die EM-Dritten von 1997 erfüllten sich 1998 auch den Traum von der WM im eigenen Land.

    Kurzbiografien

    • Geboren 1966 in Wuppertal als Martina und Petra Kehrenberg
    • 1974-1998/2002 Barmer Turnverein 1846 e. V. (BTV; Petra bis 1998, Martina bis 2002)
    • 1982 Aufstieg in die 2. Liga (Seniorenbereich)
    • 1983 Bundesdeutsche B-Jugend-Meisterinnen
    • 1984 Bundesdeutsche A-Jugend-Meisterinnen
    • 1985 Aufstieg in die 1. Liga
    • 1985 Jeweils Debüt im bundesdeutschen A-Nationalteam (Martina ist mit 226 Einsätzen deutsche Rekordnationalspielerin)
    • 1986 Abitur am Gymnasium Sedanstraße in Wuppertal-Barmen (zuvor mit der Schule Gewinn von vier Basketball-Bundesmeisterschaften bei Jugend trainiert für Olympia)
    • 1986-1988 Jeweils Ausbildung zur Bankkauffrau
    • 1989 Erstmals bundesdeutsche Meister- und Pokalsiegerinnen (Seniorenbereich)
    • 1989, 1993 und 1994 Petra: (Bundes-)Deutsche Basketballspielerin des Jahres
    • 1992-2002 Elf deutsche Pokalsiege in Folge
    • 1993-2002 Zehn deutsche Meisterschaften in Folge
    • 1996 Sieg im Europapokal der Landesmeisterinnen
    • 1996 Jeweils Auszeichnung mit der Sportplakette des Landes Nordrhein-Westfalen
    • 1997 Größter Erfolg des deutschen Nationalteams: Platz 3 bei der Basketball-EM in Ungarn
    • 1998 Teilnahme an der Basketball-WM in Deutschland
    • 1998 Petra: Beendigung der Leistungssportkarriere als Spielerin
    • 1999-2017 Petra: Laufbahn als Spitzenschiedsrichterin im Frauen- und Männerbereich
    • 2002 Insolvenz der BTV-Basketballerinnen und Rückzug aus der 1. Bundesliga
    • 2003 Martina: EuroCup-Women-Siegerin mit ASPTT Aix-en-Provence (Frankreich)
    • 2004 Martina: Beendigung der Laufbahn als Bundesligaspielerin von New Basket `92 Oberhausen
    • 2005 Petra: Erste deutsche Schiedsrichterin mit der Lizenz des Weltverbandes FIBA zur Leitung internationaler Spiele
    • 2006-2011 Petra: Schiedsrichterin in der Bundesliga der Männer (als zweite Frau nach Silvia Otto, 1974-1982)
    • 2008 Petra: Leitung des All-Star-Games der EuroLeague Women (vormals: Europapokal der Landesmeisterinnen)

    Petra Kremer und Martina Kehrenberg über …

    • … Schritte in Richtung Leistungssport

      Martina Kehrenberg (MK); „Unsere Eltern waren unsere Trainer, die waren natürlich ehrgeizig. Da kam schon mal eine Ansage.

      Petra Kremer (PK): Unsere Eltern waren auch offen, welche Sportart wir machen. Es musste jetzt nicht unbedingt Basketball sein. Unsere Mutter kam aus der Leichtathletik, sie war Sprinterin und ist in Deutschland vorne mitgesprintet. Unser Vater hat eigentlich immer Basketball gespielt. Aber dem war letzten Endes egal, welche Sportart wir betreiben, zumindest in den Anfängen. Hauptsache ist, dass die Kinder sich bewegen und sozial angebunden sind.

      MK: Durch diese körperlichen Vorteile waren wir schon sehr früh auch im Seniorenbereich unterwegs. Damals hat der Jugendwart vom WBV – das ist der Westdeutsche Basketball-Verband – einer Sondervereinbarung zugestimmt, die quasi auf uns abgestimmt war. In unseren Anfängen spielte man erst in der Stadt, dann im Kreis und dann ging es immer weiter bis zur westdeutschen Meisterschaft. Irgendwann wurde dann so eine Meisterschaft eingeführt, wo man wie im Ligabetrieb spielte. Das heißt, jedes Wochenende hatte man Spiele, das konnten unsere Trainer nicht mitverfolgen, weil die selber am Wochenende sportlich aktiv waren. Deswegen haben wir nur die Kreismeisterschaft gespielt. Dort waren wir leider sportlich nicht gefordert. Und um uns zu entwickeln, weil wir physisch schon ganz gut waren in dem Alter gab es dann einen Spielerpass, damit wir mit 13 schon bei den Senioren spielen konnten. Wir haben mit 13 dann schon in der Landesliga mitgespielt. Das war ein absolutes Novum und …

      PK: … wir sind aufgestiegen! Wir haben auch damals, um unsere Entwicklung zu fördern, im Kreis mit den Mädels bei den Jungs gespielt. Das fanden die Jungs damals nicht so dolle. Aber wir durften uns dann im Kreis bei den Jungs weiterentwickeln. Da wurde man dann ein bisschen härter rangenommen. Die Mädchen, die hatten keine Lust, gegen uns zu spielen, weil sie leider deutlich verloren haben. Und bei den Jungs war das schon eine sportliche Herausforderung.

      MK: Das höchste Ergebnis, nur um eine Größenordnung zu haben, war in Solingen damals 249:9. Da kann man sich natürlich sportlich nicht entwickeln, wenn man so überlegen ist.
      Wenn diese Wege nicht für uns bereitet worden wären, dann hätten wir es wirklich schwer gehabt, diese Laufbahn einzuschlagen.

      PK: Also die Solinger, die taten einem dann auch schon leid.“

    • … die Rivalität zu Agon Düsseldorf

      PK: „In den 80er-Jahren war Agon Düsseldorf schon unser Hauptrivale. Aber bevor es überhaupt dazu gekommen ist, habe ich das persönlich schon so empfunden, dass es für mich eine Mannschaft war, die unerreichbar ist. Die waren auch Deutscher Rekordmeister und haben im Europapokal gespielt. Ich weiß noch, dass wir zusammen dahin gefahren sind, um uns ein Europapokalspiel anzugucken. Es waren für uns auch Spielerpersönlichkeiten, die für mich persönlich Vorbilder waren. Ich habe nie gedacht, dass ich da jemals hinkommen könnte. Und dann sind wir in die Bundesliga aufgestiegen. Und im zweiten oder dritten Jahr war dann dieses Duell, wo wir gegen Agon um die Deutsche Meisterschaft gespielt haben. Diese Finalspiele waren hauchdünn, denn Agon war ein absoluter Angstgegner. Aber ich persönlich habe die Auseinandersetzung immer sehr genossen, weil es eine sportliche Herausforderung war. Das war ein ebenbürtiges Aufeinandertreffen. Dass wir sportlich so weit gekommen sind, um uns da überhaupt gegen die vergleichen zu können, das fand ich persönlich schon anfangs sehr interessant.

      MK: Agon Düsseldorf war auch während der ganzen Zeit schon im Jugendbereich ein Thema für uns, die hatten natürlich auch gute Jugendarbeit und waren immer unser direkter Rivale. Deswegen war Agon Düsseldorf immer präsent und der Überflieger. Also im Jugendbereich haben wir die auch schon mal geschlagen. Aber eigentlich waren die immer ein kleines bisschen besser als wir.

      PK: Unser Angstgegner.“

    • … Erfolg in der Schulmannschaft

      PK: „Also in der Schule sind wir aufs Gymnasium Sedanstraße gekommen. Damals haben wir wirklich alles mitgenommen, was so angeboten wurde. Wir haben in der Volleyball-AG mitgemacht und dann wollten wir auch mit in die Basketball-AG. Und seinerzeit gab es eine kleine Sporthalle, da musste man klingeln. Und hatten uns erkundigt, wann denn die AG stattfindet. Dann haben wir geklingelt und dann ging die Tür auf. Dann stand da unser Lehrer, der Herr Grammer, er sagte dann: ‚Wie? Mädchen?‘

      MK: Das war unser Lateinlehrer.

      PK: Er hat dann gesagt, dass wir mitmachen können. Tatsächlich waren dann erst mal nur Jungs da. Und dann haben wir da mitgemacht. Herr Grammer war sehr beeindruckt, was wir in den jungen Jahren schon konnten und dann lief er quasi heiß. Dann machte er daraus eine Schulmannschaft. Und dann hat er uns quasi Mädels aus anderen Sportarten dazugestellt. Die sind dann aber auch hinterher zum BTV gekommen. Wir waren wirklich der harte Kern. Es ist lustig, weil wir uns gerade vor drei Wochen wieder mit einigen Mädchen von damals getroffen haben. Wir haben dann tatsächlich von einem Alter von zwölf bis 18 Jahren gemeinsam mit den Mädels die Jugendklassen durchgespielt. Wir sind mit der Schule viermal Deutscher Meister geworden und haben bei Jugend trainiert für Olympia in Berlin mitgemacht.

      MK: Und auch gewonnen!

      PK: Wenn wir mal nach Berlin gekommen sind, dann haben wir auch gewonnen, immer abwechselnd mit den Düsseldorfer Mädels.

      MK: Wir haben immer noch Kontakt zu den damaligen Mitspielerinnen und Herr Grimmer, unser Lateinlehrer, hat uns zum Beispiel auch eine sehr talentierte Schwimmerin zur Seite gestellt. Die war auch ein allgemeines Sporttalent. Und die hat mit uns beim BTV die ersten Erfolge mitgemacht und es auch bis zur Nationalmannschaft geschafft. Daraus sind dann auch durchaus noch die ein oder anderen Talente geboren worden.“

    • … regionale Rekrutierung und sportliche Professionalisierung

      PK: „In der Regionalliga waren es bei uns alles Wuppertalerinnen. Und hinterher, als wir dann in der zweiten Liga gespielt haben, dann waren das Leute aus Hagen und die Postlerinnen von Post Wuppertal. Das waren dann Spielerinnen wir Bettina Klippert und Petra Engelmann. Wir waren damals noch regional orientiert. Je höher wir gespielt haben desto mehr wurden dann deutsche Top-Spielerinnen dazu genommen.

      MK: Dann wurde es richtig professionell. Dann kam ja Bernd Motte zu uns und der hatte richtige Ambitionen. Da haben wir dann richtig leistungsorientiert trainiert. Davor war es eigentlich ambitionierter Breitensport, das muss ich heute rückblickend mal so sagen. Dann haben wir bis zu 13-mal in der Woche trainiert und richtig mit Trainingsplan und mit allem Drum und Dran. Dann war es richtiger Leistungssport.

      PK: Bernd hat uns auch erzählt, dass es tatsächlich richtige Laufschuhe gibt, eigentlich lächerlich, aber wir wussten das gar nicht. Mit 16 haben wir unser erstes Paar Laufschuhe bekommen.

      MK: Und dann ging es richtig los mit Leichtathletiktraining, Ausdauer-, Kraft- und Athletiktraining. Seitdem wir 16 waren, haben wir richtig Leistungssport betrieben.

      PK: Wir sind 1982 in die Zweite Bundesliga aufgestiegen. Die ist tatsächlich auch erst in diesem Jahr eingeführt worden. Da hatten wir noch einen Trainer aus Schwelm, Christian Harde, der hat uns betreut. Und dann haben wir uns direkt im oberen Bereich der zweiten Bundesliga platziert. Da haben wir uns mit Oberhausen um den Aufstieg gekabbelt und sind 1985 dann die erste Liga aufgestiegen. Und der Bernd Motte ist in der Zeit mit Post SV ein Jahr im Oberhaus gewesen und ist dann direkt wieder abgestiegen. Und dann sind wir mit Bernd Motte in die erste Liga aufgestiegen. Der müsste 1984 zu uns gestoßen sein. Und dann wurde das alles viel professioneller, mit einer Amerikanerin am Anfang, hinterher mit zwei amerikanischen Mitspielerinnen.

      MK: Erst mal brachte er Wuppertaler vom Post SV mit. Das hat uns schon sehr geholfen, dass die beiden leistungsorientierten Mannschaften zusammenkamen.

      PK: Gabi Neumann zum Beispiel.

      MK: Gabi Neumann war damals schon eine Nationalspielerin, die war 1,95 Meter groß. Astrid Zumkeller und Bernd Mottes Frau haben auch mitgespielt. Auf jeden Fall kamen einige Postlerinnen dazu und das hat uns schon leistungsmäßig sehr geholfen.

      PK: Ulli Rotermund kam auch aus Düsseldorf. Also wir waren doch noch sehr regional orientiert. Und als wir dann im ersten Jahr in der Bundesliga direkt Dritter geworden sind, merkte man schon, dass da Potenzial ist.“

    • … die Weltmeisterschaft 1998 in Wuppertal

      PK: „Wir hatten eine Weltmeisterschaft, das war 1998, wo die Vorrunde in Wuppertal stattgefunden hat. Das war schon spannend. Erstmal Wuppertal als Austragungsort einer Weltmeisterschaft, dann waren wir mit den Wuppertaler Spielerinnen zu sechst vertreten in der Nationalmannschaft. Und meine Eltern waren dann auch im Organisationskomitee. Wir hatten damals drei Spiele in Wuppertal, einmal gegen Australien, gegen Kongo und gegen Kuba.
      Der Zuspruch war da, die Halle war gut besucht, sie war nicht ausverkauft, aber es waren auch schöne Spiele. Im Prinzip haben wir den Erwartungen genügt. Wir haben die Vorrunde überlebt, haben erwartungsgemäß gegen Australien verloren. Es war eine nette Atmosphäre in Wuppertal. Natürlich, wenn man als Spielerin bei einer Weltmeisterschaft teilnehmen möchte und dann ausgerechnet in seiner Heimatstadt spielt, ist es auch auf der anderen Seite irgendwie – eine Enttäuschung will ich jetzt nicht sagen, aber man erwartet ganz viel Öffentlichkeitsinteresse, dass man da im Fokus steht, dass man im Fernsehen ist oder ähnliches. Wir hatten eigentlich so utopische Traumvorstellungen. Aber da war damals leider dann doch nicht so ein öffentliches Interesse. Zumindest habe ich es nicht so empfunden.“

    • … Basketball im “Hause Kehrenberg”

      PK: „Also unsere Eltern waren beide zusammen Trainer unserer Jugendmannschaft. Die haben uns unsere ganze Jugend über begleitet. Und hinterher ist meine Mutter dann umgeschwungen und hat die Mannschaft betreut, als der Bernd Motte dann Trainer der Damenmannschaft war. Unser Vater war immer mit dabei und ist da im Hintergrund aktiv gewesen. Er ist halt auch beruflich so involviert, dass er da so ein bisschen was gemacht hat im Hintergrund, besonders im organisatorischen Bereich.

      MK: Er ist Steuerberater und hat administrativ sehr viel mitgearbeitet und auf die Beine gestellt.

      PK: Also der Mann im Hintergrund. Er war der Mann für alles. Er hat auch in der Halle mitgemischt und geholfen, die Banden aufzustellen und zu organisieren.

      MK: Es war viel Arbeit für unsere Eltern in der Halle, aber auch zu Hause, was da im Hintergrund alles abgelaufen ist mit Sponsoring, Ansprachen.

      PK: Oder die Wohnungsbeschaffung.

      MK: Gleichzeitig war unsere Mutter die Abteilungsleiterin für die gesamte Basketballabteilung des Barmer TV. Dann musste sie Spielpläne erstellen, die Trikots besorgen und alles, was es organisatorisch und administrativ auf die Beine zu stellen gilt. Das war unser ganzes Leben, es war bestimmt vom Basketball. Ob jetzt innerhalb oder außerhalb der Halle.

      PK: Basketball war immer ein großes Thema im Hause Kehrenberg.“

    Aufgewachsen in der Halle

    Werferinnen zwischen den Wupperwelten

    Von Banken, Bussen und Visionen

    Zwillingsrivalität – Deutsche Basketballerin des Jahres

    Heim WM 1998


    Hier finden Sie in Kürze das vollständige Interview im PDF-Format:

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    Uwe Müller

    Uwe Müller

    Uwe Müller

    *1971
    Redakteur der Tageszeitung Neue Westfälische

    Schon als Teenager sammelte Uwe Müller erste sportjournalistische Erfahrungen. Als Redakteur der Neuen Westfälischen verfolgt das aktive Mitglied der TuS Teutonia Vinsebeck 1912 e. V. seit über 35 Jahren das regionale Sportgeschehen.

    Kurzbiografie

    • Geboren 1971 in Nieheim
    • 1992-1998 Studium Sportwissenschaften und Geschichte in Paderborn
    • Seit 1980 (mit Unterbrechungen) aktiv bei TUS Teutonia Vinsebeck
    • Seit 1987 (Freier-)Redakteur bei der Tageszeitung Neue Westfälische
    • 1994 Kreismeister A-Jugend (als Trainer)
    • 1994-2010 Redakteur des Vereins-Stadionblatts „Dropkick“
    • 2006 Kreismeister und Aufstieg in die Bezirksliga (als Spieler)
    • 2011 Staffelsieger F-Jugend (als Trainer)

    Uwe Müller über …

    • … seine Jugendzeit und Vereinsarbeit beim TuS Vinsebeck

      „Wie viele andere Dorfvereine hätten wir früher gerne ein Sportheim gehabt. Wir haben uns damals immer in der Turnhalle im Ort umgezogen. Der Sportplatz lag allerdings von der Turnhalle anderthalb Kilometer entfernt. Das hieß also, dass man mit einem Fahrrad da hinfahren musste. Auch bei Wind und Wetter und dreckig, wie man war. Heutzutage wird bei uns im Herbst und Winter ja nicht mehr so viel gespielt. Da war man dann manchmal von oben bis unten schlammig und nass. Das war dann oft kein Vergnügen. Und später, wenn auch mal die Eltern dabei waren, dann wurde man mit dem Auto auch nicht mitgenommen. Hin ja, aber zurück nicht mehr. Da musste man mit Stollenschuhen oder Noppenschuhen, die man damals hatte, einmal durchs halbe Dorf laufen, um sich wieder umziehen zu können. Ein Sportheim wurde erst 1992 bei uns gebaut.

      […] Unser Verein ist ein Dorfverein. In unserem Dorf haben wir 1200 Einwohner. Mal mehr, mal weniger. Und der der Sportverein war schon immer der größte Verein, da waren es auch schon mal knapp über 600 Mitglieder. Mittlerweile hat es sich so auf knapp über 500 Mitglieder eingependelt, viele davon auch jung und aktiv, hauptsächlich im Fußballbereich. Und Macher braucht man natürlich immer. Mittlerweile sind es immer dieselben Macher. Das war früher ein bisschen anders. Da packten mehr mit an. Da waren mehr Leute bereit, was zu tun. Ob es damit zusammenhängt, dass es heutzutage viel mehr andere Angebote sind? Ich denke mal, daran liegt das. Oder an der Bereitschaft, sich einfach mal für eine Jugendmannschaft einzusetzen. Sei es nur als Fahrer, sei es als Betreuer, den Trainer zu unterstützen, den Sportplatz abzustreuen, das Sportheim sauber zu machen oder auszuhelfen. Es gibt eigentlich immer was zu tun. Früher waren viele dabei. Da brachten auch die Väter ihre Kinder zum Helfen mit. Und dadurch bin ich auch immer mitgekommen. Meine Mutter war auch jemand, die immer dabei war, zum Beispiel beim Kuchenbacken für den Nachmittag. Und das habe ich auch übernommen. Ich bin fast bei jeder Aktion dabei, wenn es irgendwo darum geht, etwas für den Verein zu machen. Und wie gesagt, alles auch ehrenamtlich. Und das macht man auch gerne, auch wenn man manchmal absolut keine Lust hat. Es regnet in Strömen, aber es muss das und das gemacht werden. Ja gut, dann zieht man sich dementsprechend an und macht das!“

    • … die Deutschen Crosslauf-Meisterschaften 1989 am Flugplatz auf dem Frankenberg

      „1989 wurden die Deutschen Cross-Meisterschaften bei uns ausgerichtet. Unser Ort liegt in einem Tal, da gibt es einen Berg. Da ist auch der Segelflugplatz. Und der war damals wohl ideal für diese Deutschen Cross-Meisterschaften. Da war auch noch ein Mädchen aus meinem Jahrgang, Tanja Busse, die ist heute auch bekannt als Autorin und beim WDR war sie auch. Sie hat damals den Titel gewonnen. In welcher Disziplin, weiß ich jetzt nicht mehr genau. Aber das passte dann auch zum Lokalkolorit und auch für die Sportberichterstattung hervorragend.
      Das war etwas ganz Besonderes. Es gibt nur zwei Wege zu dem Veranstaltungsort hoch, weil das am Berg ist. Einmal hoch und einmal runter. Und da war ich damals auch bei den Helfern. Da musste jeder mithelfen. Da waren mehrere Tausend Starter. Zuschauer kamen also sehr viele hin, es musste viel organisiert werden. Ich gehörte zu denjenigen, die mit einem Bulli zu der einen Turnhalle, die wir nur hatten, die Sportler zum duschen hoch und runterfahren mussten. Das war vielleicht nur ein Kilometer. Aber man musste das ja immer managen. Es gab acht Duschen an jeder Seite für Männer und für Frauen. Da musste man schon improvisieren, das Sportheim gab es da ja auch noch nicht, aber es hat alles funktioniert. In dieser Läuferszene hat man Jahre später immer noch gehört, wie interessant und toll das war. Also eine Cross-Meisterschaft gab es bei uns in der Region auch noch nie.

      […] Wir hatten schon immer eine Läufergruppe, die sehr rege war. Die nahmen an sehr vielen Läufen in der ganzen Region teil. Und haben auch immer verschiedene Sachen angeboten, auch zwischendurch mal Crossläufe. Das ist gerade für die, die immer nur irgendwelche Asphaltläufe oder Straßenläufe machen, eine willkommene Abwechslung. Damals waren auch noch sehr viele Läufer bei uns als Starter aus dem Detmolder-Paderborner-Bereich. Das waren auch viele englische Soldaten, die damals dort stationiert waren, aus Herford auch noch. Und das sprach sich herum und ich kann mir vorstellen, dass dann irgendwann mal die Anfrage kam. Da ist es schön, warum kann man da nicht mehr machen? Und die Leute packen mit an und das wird was.“

    • … Mitgliederversammlungen beim TuS Vinsebeck

      „Die Mitgliederversammlungen waren früher ein Highlight. Meine Verwandtschaft hat die Gaststätte ‚Müller‘, die ist direkt neben unserem Haus. Die ist von 1853, also sehr alt. Die haben auch einen großen Saal angebaut, der ist von 1912. Da waren früher die Jahreshauptversammlungen und in dem Saal waren dann über 200 bis 100 Mitglieder. Zu essen gab es nichts, aber dafür gab es Freibier. Damit konnte man auf jeden Fall locken. Aber das Freibier gab es immer erst nach der Versammlung, wenn ein Vorstand gewählt worden war. In den letzten Jahren kamen dann immer weniger Teilnehmer zu den Versammlungen. Mittlerweile sind es im Schnitt 60 Mitglieder, die noch kommen. Man merkt, dass das Interesse weniger geworden ist oder auch die Angst davor besteht, dass man vielleicht einen Posten mitnehmen muss oder überredet wird.

      Bei den Versammlungen ging es auch schon mal rund, vielleicht nicht so wie beim FC Schalke, wie man das noch aus den Achtzigern kennt. Aber meistens ging es natürlich ums liebe Geld. Wenn der Kassierer offenlegte, wofür Geld ausgegeben worden ist, dann war der und der Trainer viel zu teuer. Dann meckerten wieder einige Mitglieder: ‚Ohne den ginge es aber nicht.‘ Und dann gab es schon einige interessante Wortgefechte. Wie vor knapp 20 Jahren: Bei uns ist das Sportheim ein bisschen ungünstig angelegt. Das Sportheim liegt längst an der Seite des Sportplatzes, dann läuft direkt vorm Sportheim die Aschenbahn für die Leichtathleten her. Und dann kommt der Rasenplatz. Also muss man immer über die Aschenbahn rüber und die ist dementsprechend nicht gut. Und wenn man Feste dort feiert, dann ist alles schmutzig durch die Asche. Die Fußballer mögen die Asche nicht, und deswegen sollte die dann auch weg und sollte dann gepflastert werden. Unsere Laufgruppe macht meistens auch nur Langlauf. Die nutzen den Radweg, bei uns läuft der R1 direkt am Dorf entlang. Die laufen ihre zehn-, 20 Kilometer. Diese Aschenbahn wurde eigentlich nur für das Sportabzeichen genutzt. Das muss auch sein, aber das hätte man vielleicht auch woanders stattfinden lassen können. Da gab es dann mal 20.000 DM von der Stadt, um das zu pflastern. Aber dann waren auf einmal auch über 70 Leute bei der Versammlung, weil dann auch die Leichtathleten alle da waren. Und die haben dann vehement dagegen gestimmt. Und dann kam das auch nicht durch. Aber das war ein schönes Streitgespräch. Letztendlich muss man sich der Mehrheit fügen und jetzt wird die Laufbahn vielleicht demnächst gepflastert, hat nur ein bisschen gedauert.“

    • … Berichterstattung in der Kreisliga

      „Ich habe das lange Jahre immer als freier Mitarbeiter gemacht und auch schon viele Aufgaben übernommen, nicht nur die Berichterstattung am Sonntag. So fing es an: Selber noch gespielt, dann sofort geduscht, zack, ans Telefon und alle Spiele abtelefoniert. Damals rief man noch in den Vereinskneipen an. Da gab es ja noch keine Handys und Sportheime auch noch nicht so viele. Da musste man dann in der Vereinskneipe anrufen. In den meisten Fällen kam der Trainer auch direkt dahin. Und manchmal hat einem auch der Vereinswirt Auskunft erteilt. Der sagte dann einfach: ‚Ja und unser Heiner hat drei Tore geschossen!‘ ‚Ja, wie heißt denn der Eine mit Nachnamen?‘ Das waren schon kuriose Telefonate damals, aber manchmal reichte einem für eine Kreisliga Berichterstattung ja schon mal, dass man zumindest weiß, wer die Tore geschossen hat. Den Rest musste man sich dann vielleicht später vom Trainer holen.

      Damals hat man auch selber Fotos gemacht, nicht nur Berichte geschrieben. Ich habe auch dann noch lernen müssen, bevor die Digitalkamera richtig Einzug gehalten hat, abends dann selbst die Filme zu entwickeln und dann als Dia einzuscannen. Dann hat man auch viel von zu Hause aus gearbeitet. Früher mussten wir oft nach Höxter fahren, das sind von uns wieder 30 Kilometer gewesen. Und letztendlich hat man, wenn man alles zusammenrechnet, nicht viel verdient. Aber es war der Spaß an der Sache, dass man seinen Bericht an einem Tag in der Zeitung lesen konnte. Das war dann auch was Besonderes. Und ich hatte auch meine eigene Kolumne mit einem kleinen Foto da drin. Ich habe da immer so als Nachberichterstattung und ein bisschen auch mit Humor festgehalten, wie der Spieltag gelaufen war. Das hieß dann „A-Liga Geschichten mit Uwe Müller“. Wurde eigentlich ganz gut angenommen. So etwas würde heutzutage vielleicht sogar online noch besser laufen, weil dann auch nicht nur die Abonnenten draufklicken könnten. Vielleicht mache ich es mal wieder.“

    • … die Arbeit in der Sportredaktion der Neuen Westfälischen

      „Also bei der Sportredaktion in Höxter waren der Redakteur Wolfgang Kiene, ich und ganz viele freie Mitarbeiter. Wir hatten da für jeden Bereich welche. Und wir wollten ja auch alles besetzen. Und genau weiß ich es noch, als ich es dann übernommen habe, um 2010, da war ich dann der alleinige Redakteur. Und da hatte ich manchmal zwölf, 13 freie Mitarbeiter. Es wurden sonntagabends zu Hochzeiten bis zu acht Lokalsportseiten gemacht. Und vorweg hat man dann morgens schon zwei Tischtennisseiten produziert. Weil die Spiele in der Regel fast alle samstags waren, die hatten dann die Mitarbeiterinnen schon alle fertig gemacht. Ich habe dann die Tabellen alle eingegeben, das war dann eine richtige Latte. Das musste immer bis spätestens 14 Uhr fertig sein, denn dann musste ich ja selbst los, um irgendein Spiel zu gucken, Fotos zu machen und zu berichten. Und danach war man gegen 17 Uhr wieder in der Redaktion und hat dann sein Spiel geschrieben. Und dazu dann alles, was dann von den Mitarbeitern kam. Die Seiten waren dann vorgespiegelt, Kartons nennen wir das. Die kann man dann genauso wie Blöcke daraufsetzen. Da kommt ein Foto rein, da kommt der Text rein, Einspalter, Zwei- oder Dreispalter, Aufmacher und so weiter. Das musste auch alles so sein.
      Wir hatten wirklich gute Mitarbeiter, zwei, drei hatte man, da wusste man: Bei dem muss ich den Vorspann immer umschreiben, bei dem muss ich immer kürzen. Das Gros war wirklich gut. Da war vielleicht mal ein Tippfehler drin, und meistens hat man den gefunden. Und wenn man den nicht gefunden hatte, dann passierte das schon mal. Aber es war selten. Ich habe immer das Ziel gesetzt, bis zum „Tatort“ fertig zu sein. Das hat auch meistens geklappt. Das war damals gut strukturiert. Dann hat das eigentlich auch gut geklappt. Es sei denn, es gab irgendeinen technischen Fehler.

      Meistens waren es sechs oder sieben Seiten. Es sei denn, es war noch mal was Besonderes. Ein besonderes Reitturnier, Tischtennis, Kreismeisterschaften oder irgendwas, was außer der Reihe war, etwa Laufveranstaltungen. Davon haben wir im Kreis Höxter viele gehabt. Aber in der Woche hatte ich eigentlich jeden Tag zwei Lokalsportseiten gemacht. Manchmal sogar auch drei oder vier, je nachdem, wie viel noch einmal in der Woche passierte. Also ich habe immer versucht, möglichst viel zu machen und auch Nischen zu finden und die Leute vorzustellen. Ich bin auch fast überall hingefahren. Weil ich ja selber auch alles Mögliche im Sport gemacht- oder versucht habe. Mit den kleinsten Kindern trainiert habe. Und heutzutage mit den ältesten, den Altherren. Selbst über so ein Altherrenturnier habe ich dann mal einen Bericht darüber gemacht. Man weiß, da kriegt man nicht viele Leser mit, aber man befriedigt auf jeden Fall ein paar Leser, und die sagen: ‚Hey, die nehmen uns auch ernst.‘ Jeder hat ja irgendwie einen kleinen Ansporn und Ehrgeiz beim Sport, und sei er noch so klein. Aber so ein Turnier, das ein kleiner Verein mit Herzblut ausrichtet, da würde heutzutage vielleicht gesagt werden: ‚Ach, liest keiner. Zeit investiert, Geld investiert. Lohnt sich nicht.‘ Ich habe aber meist mehr berichtet, als es nötig war.
      Die Wertschätzung des Lokalsports hat, denke ich, schon nachgelassen. Die Älteren, die wirklich noch gern in der Zeitung lesen und auch jede Tabelle studieren, die werden immer weniger. Die Jüngeren, die gucken sofort nach dem Spiel auf dem Handy unter ‚fussball.de‘ oder diversen anderen Seiten, die es mittlerweile gibt. Da können die Trainer einfach so ihre Statements hinschicken, die werden so abgedruckt, wie sie geschickt werden, ohne zu redigiert zu werden. Da steht eine halbe Stunde später alles drin. Und dann haben die nicht mehr so den Drang zu gucken, was montags in der Zeitung steht. Das hat sich schon geändert in den ganzen Jahren. Aber wir haben es ja selbst gemerkt, als wir auch viel online gestellt haben. Anfangs vor zehn, zwölf Jahren haben wir auch schon damit angefangen. Die Zugriffe waren online sehr gut. Da hatten wir manchmal für den Lokalsport bessere Klickzahlen als im Lokalen. Es sei denn, es war ein schwerer Unfall.

      Da hatten wir schon Trainerrauswurf, selbst wenn es in der Kreisliga ist, die wurden gelesen und wenn wir da mal so tausend Klicks drauf hatten. Das war für den Bereich, den wir hatten, schon nicht schlecht. Und daran merkt man, eigentlich ist das Interesse da, aber es darf nichts kosten. Das ist leider Gottes so gekommen. Und die Zeitungen haben sich es ja auch selber eingebrockt, weil alle Zeitungen es damals kostenlos rausgehauen haben. Jetzt versuchen sie alle wieder zurückzurudern, mit ‚Verplussen‘ und ‚Paywall‘ und so weiter. Es ist verdammt schwer, die Leute jetzt wieder ins Boot zurück zu holen.“

    Einstieg in den Sportjournalismus

    Sportberichterstattung im Wandel der Zeit

    Als Geißbock auf der Alm 

    ‘Kirche und Kicken’

    Wiederbelebung der ‘Sportwerbewoche’


    Hier finden sie in Kürze das vollständige Interview im PDF-Format:

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    Lasarzewski Bernd

    Bernd Lasarzewski

    Bernd Lasarzewski

    *1956
    Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie an der Sportklinik Hellersen

    In Lüdenscheid werden Träume Wirklichkeit: An der Sportklinik Hellersen fand Bernd Lasarzewski seine berufliche Erfüllung. Als Chefarzt leitete der gebürtige Niedersache die Abteilung für Knie-, Ellenbogen-, Schulterchirurgie und Sporttraumatologie. Als Teamarzt der DFB-Frauen wurde er 2007 Weltmeister.

    Kurzbiografie

    • Geboren 1956 in Spaden bei Bremerhaven
    • Studium an der Medizinischen Hochschule Hannover
    • Assistenzarzt am Kreiskrankenhaus Großburgwedel
    • Seit 1989 Sportklinik Hellersen (Assistenzarzt, Oberarzt, Chefarzt)
    • Seit 1989 Teamarzt von Rot-Weiß Lüdenscheid
    • 1993 Erster Einsatz für die deutsche Fußball-U20-Nationalmannschaft der Frauen
    • 1999-2021 Teamarzt der deutschen Fußball-A-Nationalmannschaft der Frauen
    • 2000 und 2004 Bronze bei den Olympischen Spielen in Sydney und Athen
    • 2007 WM-Titel in China

    Bernd Lasarzewski über …

    • … den Weg von der Volksschule zum Medizinstudium

      „Mein schulischer und beruflicher Werdegang sind nicht so ganz glatt gelaufen, wie man sich das oft vorstellt. Der Bolzplatz, andere Sportarten und treffen mit Freunden war mir eigentlich zunächst einmal wichtiger als die Schule, sodass ich auf der Volksschule in Spaden bis zur neunten Klasse bleiben durfte oder musste. Irgendwann in der achten Klasse, ich denke so mit 14, 15 irgendwie in diesem Alter, hat es aber irgendwann dann doch mal „klick“ gemacht. Ich wollte doch in der Schule mehr erreichen, weil doch einige meiner Freunde in Bremerhaven dann auf dem Gymnasium waren, und ich war immer noch an der Volksschule in Spaden. Das hat mich dann irgendwann gestört. Und dann hat es einmal „klick“ gemacht und der Ehrgeiz hat mich gepackt. Ich wollte dann mehr erreichen und bin noch mal für die neunte und zehnte Klasse auf eine Realschule in Bremerhaven gegangen. Es gab dann die sogenannten Aufbaugymnasien. Man konnte dann von der Realschule aufs Gymnasium gehen. Ja, und das war dann mein nächster Schritt und 1976 durfte ich dann mein Abitur machen. Ich glaube, bis kurz vor dem Abitur war mir noch gar nicht so ganz klar, was ich beruflich gerne machen möchte. Ich wusste recht bald, dass es irgendetwas sein soll, wo ich etwas mit Menschen zu tun habe und nicht nur mit totem Material. Und dann entwickelte sich irgendwann doch kurz vor dem Abitur der Wunsch: Ich möchte Medizin studierenden.“

    • … erste Eindrücke aus dem Sauerland

      „Als Nordlicht war das schon etwas komisch in den Westen zu fahren. Ich kannte dieses ganze Ruhrgebiet und auch das Sauerland eigentlich nicht so wirklich damals. Ich bin mit etwas gemischten Gefühlen dorthin gefahren: Na ja, wie wird das denn sein? Du kommst auf einmal in eine hügelige Gegend, kommst aus dem absoluten Flachland. Zunächst einmal wusste ich gar nicht, wo Lüdenscheid liegt, musste mir das erst einmal erklären von der Sekretärin meines neuen Chefs erklären lassen. Na ja, ich habe den Weg dorthin auch gefunden. Und als ich dort war, hat es mich das Sauerland schon fasziniert mit seinen Hügeln, mit seinen Bergen, mit seinem auf- und abfahren und mit den Talsperren, die wir dort hatten. Das hatte ich mir ganz zu Anfang dann schon mal angeguckt. Bevor ich auch zugesagt habe, bin ich noch ein bisschen durchs Sauerland gefahren. Und irgendwie war es schön. Es war etwas anderes, und es hat mich dann doch begeistert. Und ich habe gesagt: Mensch, da möchtest du auf jeden Fall hin. Nicht nur wegen der Klinik, sondern auch wegen der Gegend.“

    • … den Beginn seiner Karriere als Mannschaftsarzt der DFB-Frauen

      „Anfang der 90er-Jahre hat unsere momentane Nationaltrainerin Martina Voss bei uns im Krankenhaus in der Personalabteilung gearbeitet. Und über sie habe ich dann den Kontakt zur Westfalenauswahl geknüpft. Sie war damals schon Auswahlspielerin und hatte auch in der Westfalenauswahl und in der Nationalmannschaft gespielt. Sie hat dann den Kontakt zu unserem damaligen Verbandstrainer Helmut Horsch für mich geknüpft. Der sagte, er würde sich sehr darüber freuen, wenn für die Verbandsauswahlmannschaften ein Arzt zur Verfügung stünde, der auch mitfahren würde zu den Spielen. Dann bin ich einmal mitgefahren. Wir haben uns sehr gut verstanden, der Helmut Horsch und ich. Und es passte, weil bei meinem ersten Einsatz, den ich hatte, hatten wir gleich eine schwerere Verletzung, die ich glücklicherweise auch gut versorgen konnte. Ja, das war so Anfang der Neunzigerjahre, ich glaube 1991, 1992. So um diese Zeit war das, dass ich dann begonnen habe, auch die Westfalen-Auswahlmannschaften der Männer und Frauen zu betreuen. Der nächste Schritt war dann eigentlich der Schritt zur U20 Nationalmannschaft der Frauen.
      Die U20 Nationalmannschaft war gerade in der Sportschule Kaiserau hier bei uns in Westfalen untergebracht. Die Torfrau hatte sich am Handgelenk verletzt. Sie ist schon verletzt angereist, es stand ein Spiel gegen Holland an. Und die damalige Trainerin Tina Theune-Meyer wusste nicht so richtig, wie sie mit der Torfrau umgehen sollte, ob sie sie einsetzen kann oder nicht. Und fragte dann den Helmut Horsch: ‚Wo gehe ich mit dieser Spielerin denn zum Arzt?‘ Und dann fiel ihm ein, dass ich noch da bin, rief mich dann an, ob ich nicht eventuell nach Kaiserau kommen könnte, um die Spielerin anzugucken. Das habe ich dann getan. Sie hatte auch Röntgenbilder von ihrem Handgelenk dabeigehabt. Das war auch sehr hilfreich und ich konnte dann relativ schnell eine schwere Verletzung ausschließen. Ich bin dann noch bei dem Training dageblieben, habe mich mit Tina Theune-Meyer noch eine ganze Zeit lang unterhalten und bin dann abends nach Hause gefahren. Am nächsten Tag bekam ich einen Anruf von ihr und sie fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, mit nach Holland zu fahren, um die Mannschaft zu betreuen.
      Eigentlich war für die Betreuung für das Spiel in Holland eine Kollegin aus Saarlouis, aus der damaligen Klinik des Nationalmannschaftsarztes der A-Nationalmannschaft-Männer, Heinrich Heß vor Ort. Aber sie war nicht da. Sie hatte kurzfristig abgesagt und dann bekam ich den Anruf von Tina Theune-Meyer. Sie fragte, ob ich nicht mitfahren möchte nach Holland zu diesem Spiel? Da habe ich natürlich sofort ‚ja‘ gesagt, auch das hat gepasst. Ich war zwar noch nicht fest im Kader drin, aber ich bin immer wieder angerufen worden in den nächsten Monaten, in den nächsten ein, zwei Jahren, ob ich nicht mal wieder die Betreuung machen könnte, weil die andere Kollegin aus Saarlouis mal wieder nicht konnte. Und ich glaube, ich habe dann nach anderthalb Jahren mal zu der Tina Theune-Meyer gesagt: ‚Wenn ich sowieso immer als Vertreter da bin, warum nimmst du mich nicht als ersten Mann in diese Mannschaft rein? Und lässt die Kollegin dann die Vertretung machen?‘ Und damit war ich der Arzt der U20 Frauen-Fußballnationalmannschaft.“

    • … die Rolle(n) des Teamarztes im Wandel der Zeit

      „An den Aufgaben, die man als Mannschaftsarzt bei den Mannschaften in den Neunzigern oder in den 2000er-Jahren hatte, hat sich einiges geändert. Ganz zu Anfang waren der Arzt und ein Physiotherapeut bei der Betreuung dabei. Und wir mussten uns dann auch um Ernährung und um andere Dinge mit kümmern. Das hat sich denn grundlegend in den 2020er-Jahren geändert. Dadurch, dass wir einen Koch bekommen haben, der auch die Frauenmannschaften immer begleitet, damit war die das Thema der Ernährung für mich schon nicht mehr dabei. Dann hat sich auch in den 2020er-Jahren sehr etabliert, dass wir Athletiktrainer bekommen haben. Das war früher auch Aufgabe des Arztes und der Physiotherapeutin, für das Athletiktraining da zu sein, für die Stabilisierungsübungen da zu sein, für Dehnübungen und für diese Dinge da zu sein. Das hat sich aber jetzt sehr geändert. Das ist jetzt Aufgabe der Athletiktrainer. Da hat es schon einen Wandel gegeben.“

    • … den Ablauf eines Länderspiels aus medizinischer Sicht

      „Die Vorbereitung auf ein Länderspiel beginnt ja schon deutlich, bevor wir uns treffen. Die Spielerinnen rufen mich oder die Trainerin an, wenn es irgendwelche Verletzungen sind, wenn es irgendwelche Probleme im Vorfeld gibt, bevor man sich dann als Mannschaft trifft. Dann bespricht man das am Telefon: ‚Ist das möglich, dass die Spielerinnen überhaupt eingesetzt wird? Oder sollte sie gar nicht eingeladen werden? Sollte sie ihre Verletzung zu Hause auskurieren? Oder ist die Verletzung nur eine Kleinigkeit, weil es nur eine Prellung oder ein kleiner Bluterguss ist?‘ Dann muss man entscheidend: Laden wir die Spielerin mit der Verletzung ein, ja oder nein? Das spricht man mit der Trainerin dann ab. Damit beginnt also meine Aufgabe schon im Vorfeld. Dann trifft man sich in der Regel drei, vier Tage, bevor das Länderspiel stattfindet. Es gibt dann die Trainingsvorbereitungen, das Training und taktische Vorbereitungen. Wir, die Physiotherapeuten und der Arzt sind als das medizinische Team immer mit dabei.
      Wir reisen am ersten Tag an, sogar vor der Mannschaft. Damit wir schon im Vorfeld alles vorbereiten und unsere Räume einrichten können. Wir machen unsere Teambesprechungen, denn die Physiotherapeuten haben manchmal noch andere Informationen, als der Arzt sie bekommen hat, sie sprechen dann mit ihren Kollegen aus dem physiotherapeutischen Bereich der einzelnen Bundesliga-Mannschaften. Wir treffen uns also vorher, um diese Dinge schon alle zu besprechen. Dann reist die Mannschaft an, dann gibt es einen Medizinercheck. Wir gucken noch mal, ob alles so weit in Ordnung ist, befragen die Spielerinnen, ob sie irgendwelche Schwierigkeiten, Probleme oder Verletzungen haben. Wenn ja, werden wir gucken, dass wir die kurieren, so gut es geht. Die Behandlungen sind dann in der Regel immer abends nach dem Abendessen. Dann ist Training, Vorbereitung auf das Spiel.
      Und was Besonderes ist immer der Spieltag. Da gibt es so ein paar Rituale. Wir haben so ungefähr drei Stunden vor dem Spiel immer unser „Matchmeal“. Da hat sich bei der Frauen-Nationalmannschaft eingebürgert, dass es grundsätzlich Spaghetti gibt und grundsätzlich Pfannkuchen. Dann fährt man circa zwei Stunden vor dem Spiel mit der Mannschaft ins Stadion, bereitet dort alles vor. Es gibt das Aufwärmen der Mannschaft. Wir sind mit draußen auf dem Platz, gucken dort natürlich auch zu, dass da nicht noch irgendetwas passiert, und dann raus auf die Bank, ab zum Spiel und hoffen, dass nichts passiert. Nach dem Spiel gibt es dann wieder die Untersuchungen der Spielerinnen. Alle, die kleine Blessuren haben, werden untersucht. Dann gibt es die Behandlungen, was auch immer notwendig ist, in der Hoffnung, dass nicht etwas Schlimmes passiert ist und ich mit der Spielerin ins Krankenhaus fahren muss. Dann sehen wir zu, dass wir die Spielerinnen so gut wie möglich medizinisch versorgen und nach Möglichkeit alle gesund wieder nach Hause in ihre eigenen Vereine entlassen.“

    Wegmarke Großburgwedel

    Lüdenscheid – Vom ‘Kulturschock’ zum beruflichen Passionsort

    Ökonomisierung der Sportklinik Hellersen

    Sportverletzungen und Behandlungsverfahren im Wandel


    Hier finden Sie in Kürze das vollständige Interview im PDF-Format:

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